Das Videospieljahr 2024 hatte wieder so einiges zu bieten: Höhen, Tiefen, Kontroversen, Skandale, Gerüchte und keine Nintendo Switch 2 – all halt das, was zu erwarten war. Aber welche Spiele konnten so richtig Eindruck hinterlassen? Haben uns lachen, weinen, mitfühlen, schreien, jauchzen oder jubeln lassen?
Fragen, über die wir auch intensiv in der 4P-Redaktion nachgedacht haben. Nach reiflicher Überlegung, einigen hitzigen Diskussionen und einer Debatte darüber, ob Abstimmungen überhaupt noch zeitgemäß sind, ist eine famose, ja fast schon exquisite Liste der Besten Spiele des Jahres 2024 entstanden. Welche das sind? Das verraten wir euch – ab heute bis zum 23. Dezember 2024, bei der wir dann unser GOTY enthüllen.
Platz 10: Stalker 2: Heart of Chornobyl
Ein Spiel, welches wir im Test mit einer 5.0 bewerteten und vor unzähligen, mitunter arg fiesen Bugs warten, landet auf Platz 10 der besten Spiele des Jahres – wie kann das denn sein? Eine berechtigte Frage, deren Antwort gar nicht so einfach ist. Denn um diese Platzierung in seiner Gänze zu verstehen, gilt es Stalker 2: Heart of Chornobyl gespielt zu haben.
Kein Shooter und kein anderes Spiel erzeugte in diesem Jahr eine solch einzigartige Atmosphäre wie der Titel des ukrainischen Studios GSC Game World. 17 Jahre nach dem ersten Ausflug in die Zone rund um Tschernobyl haben es die Entwickler*innen geschafft, das Spielgefühl von damals in die Moderne zu transportieren, ohne sich selbst oder die über Jahre aufgebaute Anhängerschaft zu verraten.
Die Schusswechsel mit anderen Banditen sind hart, die Kämpfe gegen mutierte Schweine oder übernatürliche Wesen noch viel heftiger. Als wir durch eine unterirdische Anlage schleichen, bei jedem ungewöhnlichen Geräusch und jedem flackernden Licht sofort die Maus fester greifen und der Puls zunehmend steigt, dann bleibt das in Erinnerung. Wenn Kollegen sich untereinander austauschen und gegenseitig erzählen, was sie am Vorabend alles in der Zone erlebt haben und ins Schwärmen kommen, hinterlässt das einen gewissen Seltenheitsfaktor.
All das trotz der vielen Bugs und Performance-Probleme, die Stalker 2 zum Release plagten – und immer noch allgegenwärtig sind, das wollen wir keinesfalls unter dem Tisch kehren. GSC Game World ist allerdings fleißig am patchen. Etwas, was Fans des Shooters honorieren: Auf Steam kommt der Titel auf beachtliche 84 Prozent positive Bewertungen bei rund 70.000 abgegebenen Stimmen. Kritik am technischen Zustand gibt es zuhauf, ebenso, wenn nicht gar mehr, Lob für das knallharte, oft zähneknirschende Spieldesign.
In gewisser Weise ist Stalker 2 wie das Zurückkommen in die eigene Geburtsstadt: Alles sieht noch fast so aus wie früher, aber der Anstrich beim Discounter um die Ecke ist neu und an der Tankstelle gibt es jetzt sogar eine Ladestation für E-Autos. Probleme sind immer noch vorhanden, von nicht fertiggestellten Straßen, kaputten Turnhallen und einigen merkwürdigen kleinpolitischen Entscheidungen, doch der Anflug von Nostalgie wischt die negativen Gefühle beiseite.
Denn so etwas wie diesen Ort gibt es kein zweites Mal. Und auch Stalker 2 gibt es nur einmal. Ein am Ende beachtlicher, aber alles in allem arg knapper Platz 10 unserer besten Spiele des Jahres, der aber gewiss Frusttoleranz und mindestens ein zugedrücktes Auge voraussetzt.
Platz 9: Final Fantasy 7 Rebirth
Im ersten Quartal des Jahres schlug Final Fantasy 7 Rebirth bei uns auf uns staubte mit 9,5 eine Traumnote ab. Der heiß erwartete zweite Teil der Remake-Trilogie eines der populärsten Videospiele aller Zeiten konnte in vielen Punkten überzeugen oder gar begeistern und darf mit Fug und Recht als Meisterwerk bezeichnet werden. Bei den kürzlich verliehenen Game Awards musste es jedoch in den Kategorien Game of the Year und Best RPG die Segel streichen und Astro Bot respektive Metaphor: ReFantazio den Vortritt lassen – auch in unserem Ranking reicht es leider nur für Platz 9.
Final Fantasy 7 brachte das populäre JRPG-Franchise im Jahre 1997 nach Europa und gilt nicht nur deshalb als eines der beliebtesten und einflussreichsten Videospiele. Die tiefreichende Story und die facettenreichen Charaktere waren würdig, 25 Jahre später im Rahmen eines groß angelegten Remakes für die aktuelle Konsolengeneration neu aufgelegt zu werden – und das gleich in drei Teilen. Dem schlicht als Final Fantasy 7 Remake getitelten Spiel aus dem Jahr 2020, das nur etwa zehn Prozent der Original-Story umfasste, folgte dieses Jahr also der zweite Teil.
Der größte Unterschied war wohl die weitestgehend offene Spielwelt: Während ihr in Gestalt des Protagonisten Cloud Strife in Remake nur in der Stadt Midgar unterwegs seid, verlasst ihr nun die Stadt und erkundet Regionen wie Junon, Gongaga oder Cosmo – nicht als klassische Open World, sondern eher in Form von größeren Einzelgebieten, die nur zum Teil miteinander verbunden sind.
Man kann an dem Spiel durchaus Kritikpunkte finden: die irgendwann repetitiv wirkenden Erkundungsaufgaben, die Masse an Mini-Games, die teilweise obligatorisch sind und die Story an spannenden Stellen aufhalten; oder etwa das letzte Viertel, in dem sich Gameplay und Kämpfe doch sehr strecken.
Mindestens ebensoviele positive Punkte sind aber herauszustellen. Die Regionen sind abwechslungsreich und ausnahmslos spektakulär anzuschauen, es gibt viele (mehr oder weniger) interessante Nebencharaktere und das Kampfsystem läuft, wenn auch zunächst unübersichtlich wirkend, flüssig und wuchtig ab. Über die Story hinweg schlüpft ihr immer wieder mal in die Rolle euerer Begleiter*innen, sodass ihr das Kampfgeschehen auch mit Tifa, Red XIII oder Yuffie unsicher machen müsst.
Und ja, auch viele der Mini-Spiele machen Spaß (wenn man nicht gerade dazu gezwungen wird): Allein mit Blut der Königin (das einem Gwent fast Konkurrenz machen kann) oder mit dem Chocobo-Rennen (Kweh!) kann man Stunden verbringen. Nicht zuletzt wäre da natürlich der traumhafte und Game-Award-prämierte Soundtrack, der klassische Themes im überarbeiteten Gewand präsentiert und neue Ohrwürmer hinzufügt.
Die Story von Final Fantasy 7 wurde schön in unsere Zeit transportiert, die Präsentation von Rebirth schmeichelt sowohl dem Klassiker als auch dem Genre des JRPGs – für Fans des Originals ist es ein tolles Erlebnis, die Reise noch mal in einem moderneren Aufzug zu erleben. Auch wenn es nicht für das Siegertreppchen gereicht hat – völlig zurecht ein Platz in den Top 10.
Platz 8: Warhammer 40.000: Space Marine 2
Riesige, körperlich vollkommen überdimensionierte, mit Testosteron vollgepumpte Sci-Fi-Soldaten über Schlachtfelder steuern und den Feinden Kugeln und Kettensägenschwert in den Körper jagen: Wenn Space Marine 2 etwas in diesem Jahr geschafft hat, dann die Warhammer 40.000-Fantasy zum digitalen Leben zu erwecken – und den etwas unterbewerteten Vorgänger zu übertreffen.
Mit Saber Interactive hat Publisher Focus das genau richtige Studio ausgewählt, um die Geschichte von Titus fortzusetzen: Die hauseigene, technisch potente Swarm Engine schafft es, die riesigen Schlachtfelder, in denen hunderte, gar tausende Feinde gleichzeitig über den Bildschirm huschen, prachtvoll darzustellen. Die Kämpfe sind brachial, der Sound eines Bolters hallt durch die Boxen und das Blut… naja, das gibt es in Hülle und Fülle. Space Marine 2 ist keineswegs zimperlich, sondern überaus brutal.
Lese-Tipp: Hier geht’s zu unserem Test von Warhammer 40K: Space Marine 2.
All das spielt sich, ob im Solo- oder Koop-Modus, richtig gut. Selbst die Story ist stark erzählt, leidet aber ein wenig darunter, dass es schon recht deutlich in Richtung eines noch nicht bestätigten dritten Teils geht. Die PvP-Gefechte sind vorhanden, kämpf(t)en aber mit Balance-Schwächen und einem nicht immer idealen Netcode, was schade ist. Denn grundsätzlich wäre hier noch mehr drin gewesen.
Am Ende ist Space Marine 2 aber trotzdem genau das Action-Spiel und die Ballerbude geworden, die sich Fans erhofft haben. Ein Hau-Drauf-Spaß, der einem an den Imperator bindet – ganz sicher. Bei uns reicht es für Platz 8 der besten Spiele des Jahres 2024.