Die polnischen 11 bit studios haben nach mehreren Anomaly-Teilen mit This War of Mine und Frostpunk für Aufsehen gesorgt, da sie in ihren Spielen auch ernste Themen und moralische Entscheidungen mit harten Konsequenzen behandeln. Wir haben in einem mehrteiligen Interview mit Pawel Miechowski (Autor und Partnerships Manager) über ihre Sicht auf Spiele und ihre Ausrichtung auf bedeutsame Themen gesprochen.
4Players: Wie seid Ihr dazu gekommen, Spiele zu entwickeln, die sich mit ernsteren Themen beschäftigen?
Pawel Miechowski: In den frühen Jahren des Studios bestand unsere Leitidee eigentlich darin, Spiele zu entwickeln, die Genres mischen oder auf den Kopf stellen, um coole Spielideen zu finden. [So war Anomaly z.B. eine Tower-Defense rückwärts gespielt – als Angreifer]. Später, während der Entwicklung von This War of Mine, wurden wir als Team quasi „erwachsen“ und unsere Design-Philosophie entwickelte sich zu dem, was wir heute klar als ‚bedeutungsvolle Unterhaltung‘ definiert haben.
Bedeutungsvolle Unterhaltung beschreibt Spiele, die sowohl ein gutes Spielgefühl bieten als auch eine tiefgründige Bedeutung haben. This War of Mine – ein Spiel über gewöhnliche Menschen, die versuchen, den Krieg zu überleben. Frostpunk – ein Spiel über Macht und Verantwortung bei der Führung einer Gesellschaft. Sie mögen nachdenklich stimmen, aber noch wichtiger ist, dass sie auf einer einfachen Idee aufbauen und wir folgen dieser Philosophie nicht nur als Entwickler, sondern auch als Publisher. Wir haben zum Beispiel Moonlighter veröffentlicht – ein Spiel über die Erfüllung der Träume eines Ladenbesitzers, der ein Abenteurer werden will.
4Players: Doch woher stammt die Idee der bedeutungsvollen Spiele?
Pawel Miechowski: Ich glaube, es war hauptsächlich eine natürliche Entwicklung in unserem Studio. Während der Entwicklung von This War of Mine waren wir schon nicht mehr ganz so jung und wollten reifere Spiele erleben und spielen – nicht nur auf dem Gebiet des Spielthemas, sondern auch auf dem Gebiet des Spielgeschehens, das unsere heutige Zeit berücksichtigt und auch unsere Bemühungen/Leistungen als Spieler respektiert. Wir glauben, dass die Qualität eines Spielerlebnisses weitaus wichtiger als die Länge eines Spiels ist.
Die Idee wurde von unserem CEO, Grzegorz Miechowski, ausgegeben und später von unserem Marketing-Zauberer Patryk Grzeszczuk klar definiert. Ich denke, dass diese beiden Jungs den größten Einfluss auf die Entwicklung unserer Philosophie hatten. Das Design und die Entwicklung der Spiele liegen in den Händen von Przemyslaw Marszal und Michal Drozdowski, Art Director bzw. Design Director, sie haben den größten Einfluss auf die Teams, die diese Philosophie verwirklichen werden.
4Players: Sind Spiele mit ernsten Themen Euer Schlüssel zum Erfolg? Obwohl es sicher nicht einfach ist, solche Themen in ein Spiel zu verpacken, ohne zu sehr den mahnenden Zeigefinger zu erheben.
Pawel Miechowski: Ich stimme zu, dass This War of Mine und Frostpunk eher zu den ‚Serious Games‘ [ernste Spiele] gehören, aber Moonlighter ist definitiv ein unbeschwerteres Spiel. Es geht also nicht unbedingt um Ernsthaftigkeit, sondern vielmehr um die Sinnhaftigkeit, die hinter den Spielen steht. Mit einer so klar definierten Vision können wir mit unserer Community besser über unsere Spiele sprechen, aber die größten Schlüsselfaktoren zum Erfolg sind meiner Meinung nach die Qualität und die Originalität der Spiele. Sowohl unsere Entwicklerteams als auch die externen Teams arbeiten sehr hart daran, setzen auf Hunderte von Wiederholungen [Iterationen], um sicherzustellen, dass wir den Spielern am Ende eine großartige Erfahrung bieten. (…) Am Ende wollen die Spieler etwas, das ihr hart verdientes Geld auf mehreren Ebenen würdigt – emotional, spielerisch, zeitgemäß und schließlich als erwachsener Konsument der Populärkultur und nicht als Kind.
4Players: Hat der große Erfolg von This War of Mine alles im Studio geändert?
Pawel Miechowski: Mit Sicherheit war es ein Meilenstein, von dem wir viel gelernt haben. Der Erfolg von This War of Mine hat uns überzeugt, dass die oben erwähnte Vision, wenn sie richtig verstanden und mit Elan umgesetzt wird, etwas ist, was die Gaming-Welt im Großen und Ganzen braucht. Von da an wurde das Studio größer – sogar sehr viel größer – und es wurde eine Publishing-Sparte eingerichtet. Damals bestand das Team aus etwa 35 Personen, heute sind es etwa 140.