Mimimi Games hat große Pläne. Nach The Last Tinker: City of Colors, Shadow Tactics: Blades of the Shogun und Desperados 3 sitzt das Studio aus München an seinem dritten Echtzeit-Taktikspiel, nur diesmal setzen sie auf Self-Publishing und haben die erforderlichen Geldmittel ohne klassischen Publisher aufgetrieben. Wir haben in einem Interview mit Johannes Roth (Gründer und Managing Director) über die turbulenten letzten Jahre, das Risiko ein Spiel ohne Publisher zu produzieren und die Computerspieleförderung des Bundes gesprochen.
Die Fast-Pleite nach Shadow Tactics
Zuerst soll es um den Hintergrund des Studios gehen, denn kurz vor der Veröffentlichung von Shadow Tactics: Blades of the Shogun im Dezember 2016 sah es ganz und gar nicht gut für Mimimi aus. Durch die Release-Verschiebung um vier Monate, um die PC-Version generell zu verbessern, war das Studio nahezu pleite. Alle Rücklagen waren aufgebraucht und fast das halbe Team hatte bereits die Kündigung erhalten, um sicherzustellen, dass die geplanten Konsolenversionen mit dem verbliebenen Geld und einer minimalen Belegschaft fertiggestellt werden konnten. Auch Downloadinhalte wurden gestrichen (zu großer Aufwand, u.a. aufgrund der Lokalisierung), weswegen das Studio mit Shadow Tactics alles auf eine Karte gesetzt hatte. Das führte zu der kuriosen Situation, dass das Team allerlei Preise für Shadow Tactics von der deutschen Spielepresse erhielt und gleichzeitig wusste, dass es der letzte Monat des Studios sein könnte.
Einen neuen Publisher oder ein neues Projekt zu finden, erwies sich vor der Veröffentlichung von Shadow Tactics als sehr schwierig, da sie nichts anderes Vorzeigbares hatten und erst mit dem Verkaufsstart und den gewonnenen Awards die Aufmerksamkeit kam. Doch kurz vor Weihnachten 2016 wurden die Verhandlungen in Rekordzeit mit einem Publisher zu Ende gebracht (in nur wenigen Wochen anstatt mehreren Monaten) und der Fortbestand des Studios vorerst gesichert. Das rettende Projekt war damals Desperados 3 und wurde in Zusammenarbeit mit der THQ Nordic GmbH (Embracer Group) realisiert, wobei Mimimi Games klarstellte, dass der Publisher ihre prekäre Lage nicht ausgenutzt hätte. Sie hätten einen fairen Vertrag erhalten – mehr dazu findet ihr bei Gamasutra.
Commandos oder Desperados?
In dem Zusammenhang fragte ich Johannes Roth, ob sie auch Angebote für Echtzeit-Taktikspiele von anderen Publishern bekommen hätten, um vielleicht ein neues Commandos zu entwickeln. Er antwortete, dass die Rechte-Lage bei Commandos damals nicht so klar war. Ende 2016 lagen die Rechte noch bei den spanischen Pyro Studios, zu denen sie Kontakt aufgebaut hatten, aber es hätte auf geschäftlicher Ebene zwischen den beiden Partnern nicht funktioniert. Erst Mitte Juli 2018 übernahm Kalpyso Media die Rechte an allen Marken und Assets der Pyro Studios, da war Desperados 3 schon lange in Produktion. Außerdem sagte er noch, dass Commandos natürlich eine große Marke sei, vor allem für PC-Spieler, aber die Mehrzahl der Mitarbeiter im Team würden das Weltkriegsszenario nicht so interessant finden. Daher war Desperados als eine etablierte und altbekannte Marke wesentlich spannender für sie.
Ebenfalls für Aufmerksamkeit sorgte die Ablehnung des Preises für das „Beste Gamedesign“ beim Deutschen Computerspielpreis 2017. In einem Statement begründeten sie die Ablehnung damit, dass es Unstimmigkeiten beim Hauptjury-Wahlverfahren und ernstzunehmende Bedenken bei der vernünftigen Auseinandersetzung mit den eingereichten Spielen gab.
Der Moment, als @MimimiProd ihren Preis für das beste Gamedesign und mögliche weitere Auszeichnungen ablehnen. #derDCP17 #DCP17 pic.twitter.com/fF99GXNLGB
— M94.5 Gamefreunde (@gamefreunde) April 26, 2017
Echtzeit-Taktik soll es sein
Echtzeit-Taktikspiele sind laut Johannes Roth eine überschaubare und keinesfalls einfache Nische – zumal wenige Titel um die Gunst der Käufer kämpfen würden und man nur mit Qualität und Ideen punkten könnte. Zudem hätten sie es geschafft, ihre Spiele auf die Konsolen zu bringen, ohne den Echtzeit-Taktikkern und die spannenden Gefechte zu beschneiden. Es sei zwar ein sehr diffiziles Genre, aber sie hätten mit Shadow Tactics und Desperados 3 viel gelernt, viel ausprobiert und sehr viele Erfahrungen gemacht. Das schnelle und häufige „Speichern & Laden“ gehört für Mimimi Games übrigens zum Konzept dazu, da es den Spielern die Möglichkeit gibt, verschiedene Wege und Dinge auszuprobieren ohne bestraft zu werden. Trial-&-Error sei das nicht. Sie hätten mittlerweile „wirklich verstanden“, was in dem Genre möglich sei und deswegen versuchen sie mit dem nächsten Echtzeit-Taktikspiel, das den Codenamen „Süßkartoffel“ trägt, das Genre zu etwas eigenem zu machen bzw. dem Genre den eigenen Stempel aufzudrücken. Johannes Roth ließ sich aber keine Informationen über das Projekt entlocken, außer dass die Pre-Preduction im Dezember 2020 gestartet wurde und erstmal kein Online-Multiplayer-Modus geplant sei.
Er meinte zudem, dass sich Spiele aus dem Echtzeit-Taktikbereich über längere Zeit stetig verkaufen würden und sie nicht so frontbeladen wie viele andere Titel seien – so hat sich Shadow Tactics: Blades of the Shogun im Jahr 2020 z.B. besser als 2019 verkauft. Bei Desperados 3 ging Publisher THQ Nordic von einer ähnlichen Prämisse aus.
Auf eigenen Füßen stehen: Self-Publishing
Bei der Süßkartoffel setzt Mimimi Games übrigens auf Self-Publishing. Sie werden ihr nächstes Echtzeit-Taktikspiel (neue Marke) also selbst veröffentlichen – ohne einen externen Publisher. Johannes Roth erklärte, dass dies schon lange ein eigener Traum war und jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei. Der Chef von Mimimi Games meinte, da sie noch „jung“ wären und die familiäre Verantwortlichkeit (Kinder) bisher kein so großes Thema sei, wären sie zu einem höheren Risiko bereit – zumal sich das Risiko bei einem Erfolg für sie voll auszahlen würde, wobei sie einen Misserfolg natürlich selbst schultern müssten. Die zunehmende Loslösung vom physischen Vertrieb von Box-Versionen durch den boomenden Digitalvertrieb begünstigte diese Entscheidung ebenfalls. Für das laufende Projekt haben sie einerseits einen externen Investor gefunden (Kowloon Nights; Videospiel-Fonds für unabhängige Entwickler; Details) und andererseits nutzen sie die Computerspieleförderung des Bundes (BMVI: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur; Details).
Mimimi Games: „Codename Süßkartoffel wird zwar vom BMVI und Kowloon Nights co-finanziert. Das Spiel ist jedoch nach wie vor 100% unser Projekt, welches wir in Eigenregie publishen werden. Wir behalten die volle Kontrolle über die IP Rechte sowie alle kreativen Entscheidungen!“
Die Computerspieleförderung des Bundes
Da das Projekt vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert wird, stellte ich Johannes Roth einige Fragen zur Computer- und Videospiele-Förderung des Bundes, schließlich hing Deutschland in diesem Bereich im Vergleich zu vielen Ländern in Europa weit hinterher.
Zur Erinnerung: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) half 2019 dem Verkehrsministerium bei der Bewältigung der Games-Förderung. Die Antragstellung beschrieb Johannes Roth als sehr zeitintensiv und obgleich nicht alles reibungslos über die Bühne ging, meinte er, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des BMVI sehr motiviert waren, „positive Lösungen“ für alle Beteiligten zu finden. In diesem Antrag mussten z.B. die geplanten Meilensteine und Arbeitspakete genau beschrieben werden. Das bewilligte Geld der Förderung ist nur für dieses Projekt und hochgradig zweckgebunden (Löhne, Stellen, Aufwand, Dauer). Man muss z.B. nachweisen, dass man das Geld tatsächlich dafür ausgegeben hat, während überschüssiges Geld mit Zinsen zurückgezahlt werden muss. Aber der Mimimi-Chef findet diese Maßnahmen nachvollziehbar und nicht wirklich schlimm, weil sie einerseits staatliches Geld (von den Bürgern) bekommen hätten und andererseits die Kommunikation bisher gut funktionieren würde. Zwischenberichte müssten sie abliefern, aber zu dem Zeitpunkt des Interviews „war der Prozess noch nicht ganz klar“. Die neue Computer- und Videospiele-Förderung sei für alle Beteiligten ziemliches Neuland. Insgesamt hat Mimimi Games knapp zwei Millionen Euro vom BMVI erhalten. Dieser Zuschuss muss nicht zurückgezahlt werden.
Bei Mimimi Games GmbH (ehemals Mimimi Productions UG) in München arbeiten momentan knapp 30 Leute in Vollzeit. Das Team sucht aktuell nach Verstärkung und versucht „normal“ zu wachsen. Idealerweise sollen Aufgaben, die bisher eine Person in sich vereint hatte, auf mehrere Leute aufgeteilt werden. Die Leiterin des Art-Bereichs bekommt so z.B. Entlastung durch einen Textur-Artist. Fünf bis zehn Leute sollen in diesem Jahr für die Süßkartoffel und das Self-Publishing eingestellt werden, u.a. Senior Coder. Stellenangebote findet ihr auf der Website von Mimimi.games.
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Ich habe auch mitgemacht. Immer gut wenn man direkt am "Ball" ist.
Ich dagegen gönne meinem Gegenkandidaten Ryan einen Key von ganzen, ganzen Herzen - unter der Voraussetzung, dass ich den anderen gewinne
Wehe, der Steiner gewinnt den Key!
Man hilft doch mit Freuden