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Dieses Saurier-Spiel ist ein Fest für Fans – darum enttäuscht mich Dino Crisis Rebirth trotzdem bitterlich

Aus einem Fan-Projekt macht man keinen Vollpreistitel. Aber Dino Crisis Rebirth sorgt bei Fans trotzdem für erhöhten Gesprächsbedarf.

Eine Bildmontage, die einen Redakteur des Spielemagazin 4P zeigt - daneben: jeweils ein Raubsaurier aus den Spielen Carnivores: Dinosaur Hunter und Jurassic World Evolution. Auch zu sehen: Der Dino Crisis-Schriftzug.
© Capcom / Universal Pictures / Frontier Developments / Beatshapers / Tatem Games, bearbeitet mit Photoshop [M]

Volontärin Nina spielt zum ersten Mal Resident Evil

Sprechen wir über Dino Crisis. Nachdem Capcom im steinzeitlichen Jahr 1996 mit Resident Evil einen Überraschungshit hinlegte, das Genre Survival-Horror breitenwirksam aufs Tapet brachte, legte das Studio 1999 mit Dino Crisis nach. Anstatt Survival-Horror zerrte die Marketing-Abteilung ein neues Schlagwort hervor: Dino Crisis sollte, vielleicht in Abgrenzung zu Resident Evil, ein Panic-Horror-Spiel werden. Was Panic-Horror ist? Juckt heute niemanden mehr. Der Begriff: gescheitert – von zeitgeschichtlichen Raptor zerfleddert, sozusagen. Schwamm drüber.

Noch mal von vorne. Was Bestand hatte und hat, ist Dino Crisis an sich. Ich bin dankbar dafür, dass mich dieser Panic-Horror, ähm, entschuldigt bitte … Survival-Horror damals auf dem PC abholen durfte. Bis heute betteln die Fans nach einem Remake, einem Remaster, einem Silberstreifen am Horizont. Irgendwas, was Hoffnung darauf macht, Dino Crisis könne nochmal ausgegraben werden. Schon traurig. Jetzt lenkt ein Mini-Fan-Remake gepresst ins Unreal-Engine-5-Korsett jedoch ab. Erfreulicherweise. Eine Mogelpackung von einer Neuauflage, mit hundsgemeinem Bug – und trotzdem: Vagabundieren auf Ibis Island jetzt wieder die Dinos.

Bissiger Einstieg bei Dino Crisis Rebirth: besser als das Original – und doch schlechter

Junge, Junge. Das sieht authentisch nach Dino Crisis aus. Denke ich mir – und so ist es während der ersten Spielminuten von Dino Crisis Rebirth auch. Der ikonische Start-Bildschirm mit der bedrohlichen Sichelkralle wurde verbaut, der Einstieg ins Spielgeschehen sogar verbessert: Anstelle des Power-Point-artigen Mission-Briefings aus dem Original rückt eine Ansicht von Regina aus einem Büro, wo die Frau vor einem Röhrenmonitor in eine Tastatur hämmert.

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Dann das eigentliche Intro: ist wieder nahe am Vorbild gebaut – mit einer willkommenen Abweichung. Regina, der bärbeißige Gail, Techniker Rick und Redshirt Cooper (Trekkies wissen, was ich meine) sitzen im Hubschrauber. Oder: Sollten Sie zumindest. In Dino Crisis Rebirth ist nämlich nur Regina eindeutig erkennbar. Flugrichtung jedenfalls lautet Ibis Island. Dort soll ein gewisser Doktor Kirk aufgegabelt werden. Wir sind Mitglieder der Spezialeinheit S.O.R.T. – Secret Operation Raid Team und im Auftrag „der Regierung“ unterwegs.

Welcher „Regierung“? Verschweigt uns das erste Dino Crisis – aber das ist auch erstmal egal. Denn schon segeln Regina und Konsorten via Paragliding auf fragliche Insel zu. Erster Schockmoment: Cooper wird noch im Flug vom Tyrannosaurus verspeist – und nicht erst auf der Insel vom Raubsaurier auseinandergenommen, wie im Original. Einer der ersten, durchaus funktionierenden Schockmomente. An sich eine feine Sache, und weitere solcher Herzkasper-Augenblicke werden folgen. Ein Weißkittel, der sich die Habilitation aus dem Leib schreiend, von Blutfontänen begleitet unter einer offenstehenden Tür weggezerrt wird? Ehrlich: Das schockt schon.

Schöne Schockmomente – und ein übler Bug

Ein Compsognathus, der unangekündigt hinter ein paar Pappschachteln hervorspringt? Jump Scare, ick hör dir trapsen. Der T-Rex, der urplötzlich hinter einer panoramaartigen Fensterscheibe großformatig aufragt, während dicke Regentropfen herniederprasseln? Gerne mehr davon! Sogar die Therizinosaurier sind zurück – oder zumindest einer. Die Puzzleteile greifen also ineinander, oder? Ja, puh, also … nicht wirklich.

Um den Brontosaurus im Raum direkt anzusprechen: Die Spannung wird jäh mitten Dino Crisis Rebirth gedämpft als ich einfach im Spielgeschehen stecken blieb. Die Sachlage: Als Regina blockiert mir eine der für Dino Crisis-typischen Laserschranken das Weiterkommen. Neben besagter Schranke ist ein Tastenfeld in die Wand eingelassen. Eine Texteinblendung lässt mich wissen: Ich benötige einen Code, um diese dreist dämliche Laserwand abzuschalten. Glücklicherweise finden Regina und ich im Raum nebenan einen Aktenordner.

Sobald ich mich diesem Leitz-Ordner nähere, signalisiert mir ein Hand-Icon: Ich soll zugreifen. Mache ich auch. Drücke die Aktions-Taste. Nichts passiert. Drücke nochmal dieselbe Aktions-Taste. Noch weniger passiert. Ich drücke zum dritten Male. Nichts passiert – ich bekomme fast einen Tobsuchtsanfall. Bevor ich noch selbst zum T-Rex mutiere, gucke ich auf YouTube nach einem erklärenden Playthrough.

Und siehe da: Der YouTuber Unknown Kaijuverse stolperte über denselben Bug – so zu sehen ab Minute 50:40.

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Den Bug überleben – und wieso diese Wiedergeburt doch zum Aussterben verdammt ist

Die Lösung war banal: Spiel komplett neu starten, bis zur kritischen Stelle weiterspielen – und urplötzlich konnte ich den Ordner einsammeln. Nervig, aber reiht sich in den Gesamteindruck von Dino Crisis Rebirth ein. Was sonst noch so nervt? Die Bildrate kracht und rumpelt an allen Ecken. Die diabolischen Rätsel aus dem Original fehlen komplett – und Schlüsselkarten-Schnitzeljagden sind kein gleichwertiger Ersatz. Reginas Charaktermodell ist – Catsuit hin, körperbetontes Outfit her – unangenehm sexualisiert.

Das Gunplay ist unpräzise und Zielen ist dank der abrauschenden Framerate oft Glückssache. Und der augenzwinkernde, verbale Schlagabtausch zwischen Regina und ihren Team-Kollegen Gail und Rick? Fehlt komplett. Ja, Dino Crisis war ein witziges Spiel. Ihr erinnert euch nicht? Manno! Ich krame euch ein YouTube-Video raus (siehe unten). Trotz aller Kritik: Wer auf YouTube nach Playthroughs zu Dino Crisis Rebirth wühlt, stößt schnell auf Abrufzahlen im vier-, fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich.

Bei Minute sechs: Wie Regina Marlboro-Mann Gail ein X für ein U vormacht, ist mindestens so humoristisch aufgeladen wie jeder Marvel-Film.

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Das soll kein Zahlenbingo werden, sondern unterstreichen, welche Begehrlichkeiten Dino Crisis bis heute abruft. Dabei legt ein Diskussionspunkt aus den YouTube-Kommentaren den Finger direkt in die Wunde. Während sich in den von mir überflogenen YouTube-Kommentaren der Großteil euphorisiert zu Dino Crisis Rebirth zeigt, monierte eine Person, Rebirth sei ausschließlich aus bestehenden Assets in der Unreal Engine 5 zusammengestöpselt worden, spiele sich grottig, und sei rundherum schlecht.

Stimmt das? Na ja, sagen wir’s so: Wäre Rebirth ein Vollpreistitel, tatsächlich das offizielle Remake zu Dino Crisis, würde meine Testwertung … eher weniger euphorisch ausfallen (ein Großteil der Saurier-Sounds ist beispielsweise aus den Jurassic Park-Filmen geklaut). Aber da hier offenkundig ein Fan aus purem Spaß an der Freude ein neu interpretiertes Dino Crisis gestemmt hat, kann hier kein Vollpreis-Maßstab angelegt werden. Letztlich tut Dino Crisis Rebirth einfach nur weh – nicht wegen des Spieles an sich.

Capcom, wach auf! Hol‘ Dino Crisis aus der Steinzeit zurück!

Solche Aufrufzahlen, wie sie diese YouTube-Videos zu Rebirth auffahren, sind keine Kleckerbeträge. Die Fans sind da. Sie wollen Dino Crisis. Wir – und ich spreche da einfach für euch mit – haben das Geld auf der Tasche, wollen damit ein neues Dino Crisis füttern. Aber, Junge, Junge, Capcom will einfach nicht. Dürfen sie auch. Doch hey, wenn sowas wie Rebirth nicht wie ein tonnenschwerer „Brachiosaurus der Erkenntnis“ großflächig in Capcom rammt, weiß ich auch nicht.

Allerdings glaube ich, wir warten erstmal alle auf Resident Evil 9, bevor irgendjemand dem Dino Zucker gibt.

Quellen: YouTube / @zonaste_9043, @Kaijuverse, @D’Flayer, @UG_Z

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