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Baldur’s Gate 3 im Test: Larians Sprung auf den Rollenspiel-Thron

Ein gut über 100 Stunden schweres Rollenspiel, 17.000 verschiedene Enden und Sex-Szenen, von denen man sonst nicht einmal feucht zu träumen wagt – trotzdem kam die Testversion von Baldur’s Gate 3 erst vier Tage vor Release. Normalerweise kein gutes Zeichen. Baldur’s Gate 3 ist aber anders. Es ist die Fortsetzung eines über 20 Jahre alten Klassikers, welcher das Rollenspiel-Genre maßgeblich beeinflusste. Es ist aber auch das Ergebnis von sechs Jahren Entwicklungszeit, davon fast drei Jahre im Early Access. Die Erwartungen sind dementsprechend hoch – vielleicht zu hoch? Wir haben uns im Test von Baldur’s Gate 3 für euch durch Faerûn geschlagen.

© Larian Studios / Larian Studios

Tick-Tack: Der Mindflayer klopft 
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Schon recht früh werden alle Begleiter eingeführt, wie hier zum Beispiel Wyll. © 4P/Screenshot

Sobald der eigene Protagonist mitsamt Wächter steht, kann Baldur’s Gate 3 auch richtig starten und stellt mich direkt vor ein kompliziertes Problem: Die Gedankenschinder-Larve, die sich nun in meinem Kopf befindet, dient nicht dazu, um mich fremdzusteuern, sondern wird mich selbst in eine der Cthulhu-ähnlichen Fratzen verwandeln. Zumindest so die Theorie, aber aus irgendeinem Grund kommt es nicht dazu – selbst Stunden und Tage später bleibt der Kiefer meines Drachengeborenen intakt und Tentakel sind nirgendswo zu sehen. Das gilt ebenso für alle Begleiter, die man schon schnell in den ersten paar Spielstunden kennenlernt und die, wie wir selbst, “belarvt” worden sind.

Nach und nach treffen wir sogar noch weitere Charaktere, die mit dem widerlichen Wurmgetier infiziert sind, aber sich nicht transformiert haben. Manche von ihnen sind einer Sekte verfallen, die an einen oder eine Absolute glauben und deren Symbol verdächtig stark an den mächtigen Fürsten des Mordes Bhaal erinnert – zudem wollen sie gar nicht erst ihre Infektion loswerden. Andere wiederum behaupten, sie hätten eine Lösung für die unangenehme Larvifizierung (wenn das kein Wort ist, ist es jetzt eins) meiner illustren Truppe, aber kann man ihnen wirklich trauen? Und dann ist da ja noch der von mir selbsterstellte Wächter, der sein ganz eigenes Spielchen treibt und selbst der Teufel höchstpersönlich bittet mit einem arg verlockenden Angebot zum Bankett. Naturgemäß sollte man das natürlich ablehnen, oder etwa nicht?

Schnell finde ich mich in einem spannenden, nach und nach mit Superlativen glänzenden Fantasy-Epos wieder, bei dem auch eine Prise Thriller nicht fehlt: Warum verhält sich der Parasit so abnormal und

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Wenn der Teufel um einen Gefallen bittet… © 4P/Screenshot

entgegen jedweder Logik? Wer beschützt mich, und aus welchem Grund? Wieso haben so viele mächtige Wesen solch ein großes Interesse an meinem Schicksal? Wer ist wirklich ehrlich zu mir und wer spielt ein falsches Spiel? Ohne zu viel an dieser Stelle verraten zu wollen: Die Geschichte ist durch die Bank weg spannend erzählt, bietet düstere und nachdenkliche Momente und die eine oder andere überraschende Wendung. Schon früh hatte mich Baldur’s Gate 3 bei meinem Drachenschwanz und ließ auch nicht mehr locker: Ich wollte ständig wissen, wie es weitergeht und herausfinden, was für eine durchtriebene Verschwörung an der Schwertküste zu Gange ist.

Vor und nach jeder größeren Entscheidung machte ich mir intensiv Gedanken: War es wirklich der richtige Weg oder habe ich mich von Verlockungen in die Irre führen lassen? Die Autoren wissen geschickt, ihre ambivalenten Charaktere in Szene zu setzen und dafür zu sorgen, dass ich mir nie sicher sein kann, wer mir am Ende tatsächlich unter die Arme greift oder wer mich nur ausnutzen möchte. Es ist ein schlichtweg großes Rollenspiel-Kino, was die Larian Studios hier auffahren. Darüber hinaus ist die Erzählung eine ganze Ecke ernster als es noch bei Divinity: Original Sin 2 der Fall war. Zwar leugnen die Entwickler ihre Herkunft nicht und der Humor ist nie gänzlich vergessen, aber nichtsdestotrotz fällt Baldur’s Gate 3 deutlich ernsthafter in seiner Präsentation aus.

Lachen, mitfühlen & weinen 

Zu dieser fast durch die Bank weg gut erzählten Story tragen, wie sollte es für ein Rollenspiel auch anders sein, ebenso die Begleiter bei. Ohne zu sehr übertreiben zu wollen: Seit den ersten beiden Mass Effect-Spielen hatte ich nicht mehr eine solche Gruppe von Charakteren um mich geschart, die mich auf so vielen Ebenen der Emotionalität abgeholt hat. Sie verfolgen natürlich ebenso eigene Pläne und was zu Beginn wie eine

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Je mehr wir uns mit den Begleitern verstehen, desto mehr erfahren wir über sie und ihre oft dramatische Vergangenheit. © 4P/Screenshot

pragmatische Zweckgemeinschaft wirkt – denn unter dem Strich wollen alle nur dieses ekelhafte Wurmgetier im Kopf loswerden –, entwickelt sich mit zunehmender Spieldauer zu einer Truppe, die gewiss nicht fehlerlos, aber voller Mut, Tatendrang und, dem wohl wichtigsten Gut, Freundschaft ist.

Da wäre zum Beispiel die taffe Githyanki-Kriegerin Lae’zel, die sich eisern und zielstrebig gibt und hinsichtlich der Vergangenheit ihres Volkes so absolut gar keine Lust auf Gedankenschinder hat. Das Gegenteil, bis auf den Part mit den Ilithiden, ist die mit Vorurteilen nur so so um sich werfende Halbelfe Schattenherz, welche zunächst nichts über sich selbst verrät, bis sie mir dann doch in einer Sequenz offenbart, dass sie bestimmte Blumen liebt und gar nicht schwimmen kann. Ein Anfang, der ihr viel Überwindung kostet. Den Grund dafür erfahre ich erst später, welche die junge Klerikerin jedoch nicht unbedingt in das rechte Licht rückt.

Mein persönliches Highlight ist jedoch der Zauberer Gale, der am Anfang eine fast typische Geschichte von jemanden erzählt, der in all seiner Arroganz zu nah der Sonne kam. Schnell stellt sich aber heraus, dass er dies nicht um der Macht willen tat, sondern um seiner großen und vielleicht einzigen Liebe etwas zu geben, was niemand anderes konnte – unter den Folgen seines Handelns muss er nun leiden. Und mein Inventar, aber ich will nicht zu viel spoilern.

Nur eine Szene möchte ich an der Stelle herauspicken, die mir verhältnismäßig früh im Gedächtnis blieb. Als ich

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Immer gut drauf, obwohl sie ein ernstes Problem hat: Die Barbarin Karlach. © 4P/Screenshot

mich im Lager bettfertig machen wollte, traf ich auf Gale, wie er eine blauleuchtende Illusion einer Frau betrachtete. Wer das ist, wollte er nicht sofort verraten, aber weihte mich in die Kunst einer solch harmlosen, jedoch wunderschön anzusehenden Magie ein. Und obwohl ich eine Barbarin spiele, die nicht gerade mit übermäßig viel Intelligenz gesegnet ist, schaffte es Gale, mir diese Zauberei beizubringen – was sich anschließend zu einer atmosphärischen, auf eine gewisse Weise melancholischen Szene entwickelte, die mich komplett in den Bann zog. Alles war in diesem Moment bis ins letzte Detail so faszinierend animiert und so fantastisch mit Stimme und Musik rübergebracht, dass ich ein breites Grinsen im Gesicht hatte und mich im Inneren wie ein Schnitzelkönig freute.

Ähnlich Szenen, die mal dramatisch, mal mitfühlend und manchmal sogar zum Lachen animieren, ergeben sich auch mit den anderen Charakteren. Zudem gesellen sich im Laufe des Spiels noch weitere NPCs in das eigene Lager, die man zwar nicht auf Reisen mitnehmen, mit denen man aber trotzdem sehr intensive Gespräche führen kann. Fans der Vorgänger können sich zudem auf ein Wiedersehen mit Jaheira und Minsk freuen, die all die Zeit, die zwischen dem Ende von Baldur’s Gate 2 und seinem Nachfolger verstrichen ist, überlebt haben.

  1. Pingu hat geschrieben: 17.01.2024 12:01 Hast du keines der original sin spiele gespielt? Die sind in der Tat sehr ähnlich.
    gar nichts in der Hinsicht, noch nie rundenbasiertes Kämpfen, noch nie Fantasy RPGs abseits von 15h Skyrim oder so und auch noch nie so tabletop Spiele
    - von daher, ganz jungfräulich :Blauesauge:
    macht richtig Bock das Ding :Hüpf:

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