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Bendy And The Ink Machine (Action-Adventure) – Mutierte Comicwelt

Lust auf schaurig schöne Unterhaltung im Comic-Stil der 30er Jahre? Dann könnte sich ein Blick auf Bendy and the Ink Machine von theMeatly Games lohnen. Betty Boop und der böse Wolf lassen in diesem stilistisch markanten Horror-Abenteuer grüßen, das bereits 2017 auf dem PC in Episoden veröffentlicht wurde. Jetzt ist es als Komplettversion für knapp 30 Euro auf PS4, One und Switch erschienen. Ob sich der Survival-Horror in Egosicht lohnt, verrät der Rest.

© Joey Drew Studios / Rooster Teeth Games / Joey Drew Studios / Maximum Games

Willkommen im Studio

Was ist hier bloß passiert? Als Comiczeichner Henry Stein eine Einladung seines Kollegen annimmt und seinen ehemaligen Arbeitsplatz bei den „Joey Drew Studios“ besucht, staunt er nicht schlecht: Niemand ist zu sehen, aber ein Projektor wummert, von der Decke tropft dicke Tinte und die Büros wirken bis auf die Aufsteller und Zeichnungen all der knuffigen Figuren seltsam verwaist. Das ist nach 30 Jahren nicht verwunderlich, aber warum sollte er hierher kommen? In Egosicht erkundet er die leeren Räume in einer vergilbten, über die Unity Engine befeuerte Kulisse, die immer wieder Akzente mit fetten schwarzen Konturen setzen kann. Das Artdesign ist trotz der monotonen Farbgebung stimmungsvoll und belebt das Studio im Stile der 30er Jahre, aber erreicht nicht die Klasse eines Cuphead.

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Was ist nur in den Büros passiert? Henry wundert sich… © 4P/Screenshot

Während Henry seine Gedanken auf Englisch mit deutschen Untertiteln preisgibt, entdeckt er auch seinen alten Schreibtisch. Zunächst ist er lediglich neugierig und versucht Antworten zu finden, indem er Tonbandaufnahmen lauscht oder kleine Rätsel löst, die ihn auf der Suche nach Gegenständen immer weiter durch die labyrinthischen Büros führen – leider kann man diese trotz Sichtbarkeit manchmal erst aufnehmen, wenn das Spiel die entsprechende Anweisung gibt. Die kennt er zwar alle aus seiner Zeit als Comiczeichner, aber es gibt auch einige Änderungen, darunter scheinbar ganz neue Bereiche. Manche Türen lassen sich öffnen, andere bleiben verschlossen und einige Flure sind sogar mit Brettern vernagelt. Und wozu kann er all diese Dosen aufnehmen? Außerdem gibt es seltsame Sprüche an den Wänden, die verrückt bis bedrohlich wirken – darunter auch einige gelungene Anspielungen an die kommenden Ereignisse.

Tintenterror ex machina

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Ist das eine frohe Botschaft oder eine Drohung? © 4P/Screenshot

Während er sich wundert, geschehen die ersten unheimlichen Dinge. Da die Büros die meiste Zeit über still und statisch wirken, sorgen plötzlich von der Decke klatschende Bretter oder aus Türen lugende Comicfiguren für Schreckmomente. Aus der gefühlten Statik des Einstiegs entwickelt sich ein subtiles Gefühl der Beobachtung, das in seinen besten Momenten an BioShock erinnert. Vor allem ein Raum wirkt bedrohlich: Wieso wurde eine Figur von Boris der Wolf gefesselt, gequält und getötet? Als Henry noch zeichnete, war Boris zwar der Antagonist, wenn Heldin Bendy ihre Abenteuer erlebte. Aber damals war alles eher sympathisch und knuffig inszeniert, nicht so brutal. Es wird immer bizarrer und unheimlicher, während die ehemals kindliche Comicwelt immer mehr zur martialischen Realität wird. Obwohl das die Spielmechanik bereichert, offenbart es aber auch ihre Schwächen.

Als Henry eine riesige Tintenmaschine in Gang bringt, indem er – auf sehr langweilige Art – diverse Gegenstände suchen und auf Podesten platzieren muss, beginnt der Alptraum, denn die fließende Tinte sorgt für Terror und fiese Feinde. Viel mehr will ich an dieser Stelle nicht über die Story verraten, aber das bis dahin eher monotone Spiel gewinnt endlich an Interaktivität und

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Wenn Henry die Tintenmaschine in Gang bringt, dann… © 4P/Screenshot

Spannung: Henry muss des Öfteren vor der schwarzen Flut fliehen, indem er sprintet und springt, während der Verfolgung einige Ventile finden und kann eine Axt einsetzen, um z.B. Bretterverschläge zu zerstören oder gegen mutierte Comicfiguren zu kämpfen – jetzt weiß er auch diese Dosen zu schätzen, die ihn heilen können. Spätestens hier erübrigen sich aber auch die Vergleiche mit BioShock, denn die Gefechte sind eher simple Haudraufaktionen als taktische Herausforderungen. Aufgrund eines fehlenden manuellen Speicherns kann es auch zu nervigen Wiederholungen kommen, aber dafür bleibt die charmant erzählte Geschichte reizvoll, zumal man über die fünf Kapitel viele der sympathischen bis durchgeknallten Comicfiguren besser kennenlernt.