Taktische Planungen
Ein Trupp Soldaten mit roten Rüstungen und fiesen Gasmasken im Gesicht stürmt schießend aus dem gelblichen Nebel auf die Position meiner Soldaten zu und landet dabei auch noch Treffer. Verdammt nochmal: können acht Sekunden lang werden! Endlich bin ich dran – schnell verteile ich die Befehle. Avery, der rothaarige Rekrut, legt Deckungsfeuer, während meine beiden Veteranen Hailey und Connor das Feuer aus ihren halbautomatischen M1 Garand erwidern. Ich starte die Runde und der Plan geht auf: Unter Beschuss schnellen die Stressbalken der Feinde nach oben, und die Fieslinge kauern sich in ihre Deckung. Jetzt können Wood und Sherman von der Flanke zuschlagen. Nach wenigen Feuerstößen sacken die Gegner zusammen. Puh. Das war knapp.
Wieso ich gerade die acht Sekunden erwähnt habe? Weil eine Aktionsphase in der Runden-Taktik Broken Lines genau diese Zeitspanne abdeckt. Ich plane die Aktionen meiner Kämpfer, bringe sie schleichend, rennend oder gehend in Position, gebe Befehle für Granatenwürfe bzw. Sperrfeuer oder lasse sie geduckt und sicher in Deckung verharren bis Hilfe eintrifft. Starte ich dann die Runde, laufen meine Aktionen und die der Feinde simultan ab – eben bis die acht Sekunden verstrichen sind oder ein Mitglied des Trupps einen neuen Feind entdeckt. Aktiv Ziele festlegen kann ich übrigens nicht: meine Kämpfer schießen automatisch auf den nächsten Feind und steigt ihr Stresslevel, kann ich kurzzeitig sogar ganz die Kontrolle über einzelne Figuren verlieren. Und habe ich mich dabei verkalkuliert, weil die Feinde doch aggressiver vorrücken als gedacht, oder ich einen Feuerwinkel nicht bedacht habe, können acht Sekunden ganz schön lang werden.
Die Soldaten erlernen durch Entscheidungen zwischen den Missionen zudem nicht nur neue Fähigkeiten und Charakterzüge wie z.B. Einzelgänger, der Boni auf Zielsicherheit und Schussfrequenz bietet, solange man sich weiter von der Gruppe entfernt. Auch werden durch Gespräche am Lagerfeuer und Zufallsbegegnungen zwischen den Missionen Beziehungen gesponnen, die sich ebenfalls auf die Kampfkraft und den geistigen Zustand der Gruppe auswirken.
Mysteriöser Horror hinter feindlichen Linien
Auf dem Weg zum Finale gibt es für mich aber auch neben den Missionen einige Entscheidungen zu treffen. So gibt es oft verschiedene Szenarien für den nächsten Einsatz, die sich gegenseitig ausschließen – will ich z.B. eher am Tag oder doch nachts zum abgestürzten Führungs-Flugzeug vorrücken, um mögliche Ressourcen und Befehle zu retten? Will ich Zivilisten in einem Dorf vor dem nahenden Unheil warnen oder doch lieber wichtigen Sprengstoff für die Mission sichern? Die Entscheidungen haben zumindest ganz am Schluss spürbare Auswirkungen und ergeben jeweils andere Reaktionen der Gruppe, die sich zwischen den Einsätzen am Lagerfeuer trifft um zu rasten. Das ermutigt zum erneuten Durchspielen, da man so neue Missionen sehen und ein anderes Ende erleben kann.
Euer Test außerhalb der Reihe sag ich mal könnte vom Einstand her gar nicht besser sein. Das Spiel hat m.M.n. total den Charme eines Gesellschaftspiels. Das habe ich gleich an mehreren Stellen bei dem Test gedacht, den ich übrigens sehr gelungen finde. Das nebulöse und ungewisse über die Abläufe die man mit seinen Mitteln iniziiert ist doch genau das. Oder das das Spiel neu begonnen werden muss, wenn die Soldaten aufgebraucht sind, bzw man wie bei einer Würfelentscheidung der KI beim Kampfgeschehen zugucken muss. Innovationspreisverdächtig möchte ich fast sagen. Eigentlich wäre es doch auch ein Spiel für den Herrn Luibl gewesen, oder?
Auch die Art wie das Spiel wenig komplex ist kommt mir eins zu eins so vor wie man es von Brettspielen kennt. Fallen jemandem noch andere Spiele ein die wirken als hätten sie eine Brettspiel-DNA? Endless Space 2 kann ich mich nur dran erinnern, hat ähnliche Assoziationen bei mir geweckt.
Finde das Spiel sehr interessant, auch einfach mal von der Seite her "so eins" auch mal hier vorgestellt zu bekommen. Klasse!
Danke für den schönen Test. Und nach der verbalen 95% "Backpfeife" (die sogar stimmt) habe ich auch brav den ganzen Test gelesen XD
Definitiv Wishlist und Beobachtungsmodus an. Wenn die Entwickler evtl. noch an der Komplexität ein wenig schrauben (und scheinbar planen sie da ja Dinge, weil auf Steam irgendwas von "Wir hören auf euch, jetzt eure Chance" steht ^^) könnte ich mich zu einem Kauf verleiten lassen. Spiel wäre sonst total an mir vorbei gegangen und ich würde mich zur Zielgruppe gehörig fühlen
Und evtl. eine neue Aufgabe für euren MCI'ler/UX-Designer fürs Homeoffice, da was intuitiveres auszuarbeiten
Allerdings nutze ich euch zu 90% mobil. Was das dann ohnehin wieder obsolet macht