Zwei Geschichten
Prinzipiell teilt sich das Spiel in zwei Bereiche auf: Im einen, der 2019 spielt, verkörpert man die FBI-Spezialagentin Aaliyah Davis, die zusammen mit ihrem unfähigen Partner einen sichtbar gealterten Francis York Morgan in dessen Wohnung verhört. Abgesehen von der Auswahl des nächsten Gegenstandes – dies beeinflusst die Gesprächsführung – gibt es i
n Aaliyahs Part keine nennenswerten spielerischen Elemente, hier gleicht A Blessing in Disguise einer Visual Novel mit 3D-Grafik. Die interessanten Gespräche des schrulligen Trios fallen zwar recht lang aus, machen aber wohl nur gut 10 Pro
zent der locker 20-stündigen Gesamtspielzeit aus. Denn nach einem Abschnitt mit Aaliyah schlüpft man stets für einige Stunden ins schlecht sitzende Sakko von Francis York Morgan und taucht mit ihm ab ins Jahr 2005, um die eigenwillige Atmosphäre von Le Carré einzusaugen.
Labern, suchen, skaten, ballern
Die schachbrettmäßig strukurierte Kleinstadt ist vom Start weg frei begehbar, kann mit den Open-World-Metropolen anderer Spiele aber natürlich nicht mithalten: Es gibt wenig Passanten, kaum Autos und nur zwei, drei Hand voll begehbare Gebäude – trotzdem aber einige interessante Orte, die man nicht schon dutzendfach aus anderen Titeln kennt. Früh im Spiel untersucht York zum Beispiel ein Kühlhaus, wo er nach Sokoban-Art ein paar Kisten verschieben muss, um an sein Ziel zu gelangen. In einem verlassenen Industriegebiet lernt er neue Skateboard-Tricks, auf einer Zuckerrohrplantage legt er sich mit dem in Le Carré herrschenden Clan an und in einer Jazzbar säuft er sich einmal quer durch die Cocktail-Karte (was für spürbare Probleme beim Laufen und Zielen sorgt).
An fast allen Story-relevanten Orten gibt es seltsame Dinge und/oder merkwürdige Personen: Ein kleiner Herr, der in einer schäbigen Hütte am Flussufer haust, überrascht mit seinem ruppigen Mundwerk – und extrem langen Nasenhaaren. Der Friedhofs-Wärter gibt York zeitraubende Suchaufträge – könnte aber ein Roboter sein, der gleich einem Faxgerät, Nachrichten übermittelt bekommt. In dem Hotel, wo York auch seine Anzüge wechselt, Upgrades auswählt oder durch Schlafen die Zeit totschlägt, trifft er auf drei gleich aussehende Angestellte in unterschiedlichen Livreen und muss sich selbst um das Reparieren seiner Dusche kümmern.
Vielfach ist Deadly Premonition 2 in spielerischer Hinsicht eine altmodische Katz- und Maus-Jagd: Haupt- und Nebenaufträge sowie optionale Aufgaben (die man sich im Polizeibüro holt) schicken York zigfach durch die immergleichen Straßenzüge zu allen möglichen Orten von Le Carré. Vielfach muss man die Öffnungszeiten von Geschäften beachten oder umständlich nach etwas suchen: Mal sind Jazzbar oder Bowling-Restaurant noch nicht geöffnet (dann kann York durch Rauchen die Uhr schneller laufen lassen), mal muss man auf der Suche nach einem Quest-Gegenstand auf den nächsten Montag warten oder den einen Verkaufsautomaten im Ort suchen, der Spinat im Angebot hat.
Ich muss auch sagen, dass der Gothic-Vergleich, der hier natürlich in erster Linie aufgrund der Technik gebracht wurde, sich wunderbar auf's gesamte Spiel ausweiten lässt.
Und nochmal, wenn man direkt vom hochglanzpolierten Last of Us 2 kommt, wirkt das hier nochmal deutlicher wie eine absurde "Anderswelt".
Ich konnte gestern auch den ersten Tag inklusive Nacht spielen. Ja, das Spiel ist objektiv schlecht. Aber die Technik ist schlicht zweitrangig. Wer den ersten Teil aufgrund der Dialoge, Story und Charaktere gespielt und geliebt hat, dürfte auch Teil 2 mögen (sofern ich das nach den ersten Stunden beurteilen kann). Ich bin jedenfalls trotz all der nervigen Elemente - wobei die zeitgebundenen Quests schon jetzt auf Platz 1 stehen - wieder voll drin. Warum York Skateboard fährt, erklärt er übrigens gleich am Anfang, allein das ist schon herrlich
So, konnte gestern endlich mal selbst Hand anlegen und die ersten vier Stunden abspulen. Beim Start wurde auch direkt ein kleiner Patch geladen, weiß aber nicht, ob dieser zur Performance-Verbesserung dient. Optisch hat das Spiel definitiv wieder viel Charme, ist aber technisch mies. Die Framerate innerhalb von Gebäuden ist in Ordnung, draußen wird's teils arg ruckelig, aber mMn nicht unspielbar. Hab mich zumindest recht schnell dran gewöhnt.
Der Einstieg war direkt wieder ganz fantastisch, ganz allgemein trifft man hinsichtlich der (bisherigen) Charaktere sehr gut den Nerv des Vorgängers. Die Dialoge sind umfangreich, albern, voll mit Filmverweisen und nicht selten schrecklich unnötig. Das, ich nenne es jetzt mal Missionsdesign ist derzeit ebenfalls dezent ulkig, bestehen diese meist schon aus einfachen Dingen wie "Fahre oder gehe da und da hin".
Actioneinlagen hatte ich bislang tatsächlich noch gar nicht, ebenso keinen Einbruch der Nacht, was unter anderem damit zusammenhängt, dass die Tage schrecklich langsam und auch nur draußen außerhalb von Storymissionen vergehen. Ich glaube, das wird noch halbwegs nervig, zumal Schlafen im Hotel absurd teuer ist und Missionen eine bestimmte Uhrzeit vorraussetzen. Ich glaube aber mit den Zigaretten kann man hier wieder ganz gut tricksen und Zeit totschlagen.
Fans wird es wohl definitv gefallen. Habe mich gestern nur schwer davon lösen können, da es, besonders nach einem Brocken wie Last of Us 2 eine wunderbar angenehme Leichtigkeit versprüht, die ich jetzt zur Abwechslung ganz gut vertragen kann. Das Gameplay ist aber bislang eher sehr seicht und wenig fordernd. Sofern man die im Erstling teils ultra-lästigen Kämpfe aber auch im weiteren Spielverlauf auf das Nötigste reduziert, kann ich damit sehr gut leben.
- Diese völlig beschissene Weltkarte die man über eine scheinbare Zoomstufe von 30% nicht rauszoomen kann;
- Die ewigen Animationen beim durch die Türe gehen (wehe du rennst nicht);
- Die völlig spaßbefreiten Kämpfe, insbesondere gegen die Viecher die an Wänden kraxeln können (eine einzige Geduldsprobe ohne irgendeine Herausforderung);
- Nicht abbrechbarer Bildschirm beim Aufheben von Objekten;
- Steuer- und Kameraprobleme;
- Ewige spaßbefreite Fahrwege mit katastrophaler Fahrphysik;
- Tonprobleme;
- Die schlimmsten QTEs in irgendeinem Spiel mit viel zu kurzer Reaktionszeit.
Aber das Spiel war bzw. ist absolut einzigartig in der Art und Weise wie es die Charaktere und seine Spielwelt darstellt. Es hat einen der spannensten Hauptcharaktere der letzten Jahre, der Soundtrack ist stellenweise phänomenal, die Story ist äußerst interessant, und die Grundideen im Spielablauf sind ebenfalls toll.
All das lässt einen die oben genannten Probleme eben nur ertragen, wie der zitierte Poster sagt: "trotz" nicht "wegen". Deshalb habe ich mich auf einen Nachfolger gefreut der die oben genannten Probleme beseitigt, dem Spieler weniger Hürden in den Spielspaß legt.
Und das kommt dabei raus? Im Jahr 2020? Ich bin kein Swery Fan, sondern Deadly Promonition Fan und deswegen kann ich da auch keine Fanboybrille aufziehen.
Und es geht nicht mal nur um die absolut beschissene Technik (ich finde die Grafik sogar deutlich hässlicher als im ersten) und die erneut enttäuschende Open World. Sondern ganz allgemein: Wtf? Ein Skateboard fahrender...