Veröffentlicht inTests

Dragon’s Dogma 2 im Test: Im Gewande eines Remasters

Mit Dragon’s Dogma 2 bringt Capcom nach zwölf Jahren einen Nachfolger zu seinem beliebten Fantasy-Rollenspiel auf den Markt, mit dem viele wahrscheinlich gar nicht mehr gerechnet hätten. Erste Bilder und Videos begeisterten mit Kämpfen von mehreren Kriegern gegen große Monster wie Greifen oder Trolle sowie einer realistisch angehauchten Mittelalter-Fantasywelt. Ihr seid der Erweckte, der sich auf der Suche nach dem furchterregenden Drachen macht, welcher euch einst in einem blutigen Kampf das Herz herausgerissen hat. Zum Glück müsst ihr diese Reise nicht allein antreten, sondern könnt aus einem schier endlosen Fundus aus treu ergebenen Vasallen wählen. Und das ist euer Glück, denn diese Welt ist gnadenlos! Was Dragon’s Dogma 2 anders oder sogar besser macht als andere Genrevertreter und ob es das Zeug zu einem großen Titel des Jahres 2024 hat, könnt ihr in unserem Spieletest lesen.

© Capcom / Capcom

Auf Schusters Rappen durch eine weite Welt 
[GUI_STATICIMAGE(setid=92817,id=92658865)]
Diese Zielsteine sind in manchen Ortschaften verteilt und dienen euch – einmal aktiviert – als Schnellreisepunkte. Allzu oft werdet ihr sie aber wohl nicht aufsuchen. © 4P/Screenshot

Das Spiel beginnt, wie es klassischer (oder uninspirierter) für ein RPG nicht sein könnte: Ich sitze im Gefängnis. Dabei wurde mir in der Anfangsszene noch suggeriert, dass ich ein Herrscher sei – wie konnte es also nur so weit kommen? Nach einem Tutorialkampf mit einer optisch beeindruckenden Medusa mit gewaltigem Schlangenkörper gelingt mir die Flucht. Schnell wird klar: Ich bin der wahre Erweckte, der rechtmäßige Herrscher, doch der Thron wird von einem Betrüger besetzt. Zum Glück gibt es ein paar Menschen, die mir glauben und deren Verbindungen bis in die höchsten Reihen gelangen. Dennoch muss ich mich beweisen und die Intrige für die Öffentlichkeit aufdecken.

 

So viel zur Prämisse. In der Realität stellt es sich so dar, dass ich viel durch die Lande reise. Und zwar per pedes. Schnellreise ist, wenn ihr einen entsprechenden Zielpunkt aktiviert habt, möglich, aber teuer. Dafür müsst ihr einen Reisestein verbrauchen, die rar gesät oder mit viel Geld zu kaufen sind. Tatsächlich sind die Steine aber doch nicht so selten, wie ich zunächst befürchtet hatte. Man bekommt manchmal einen zur Belohnung oder findet einen in Schatztruhen, auch der Kaufpreis von 10.000 Goldmünzen ist knackig, aber nicht horrend. Vor allem aber sind die Zielmöglichkeiten, zu denen ihr reisen könnt, sehr begrenzt, sodass ihr von dort aus häufig noch mal ein gutes Stück zu Fuß unterwegs seid. Ein Tipp: Stellt die portablen Zielsteine nicht in Städten auf, denn dort könnt ihr auch immer mit dem Ochsenkarren hinreisen. 

 

Kämpfen, kämpfen, kämpfen und kein Ende in Sicht

[GUI_STATICIMAGE(setid=92817,id=92658866)]
In einem Kampf mit vielen Angreifern kann es schnell einmal unübersichtlich werden. Wie gut, dass euer Eingreifen nicht immer nötig ist. © 4P/Screenshot

Auf herkömmlichem Wege zu reisen, sei nur dann langweilig, wenn das Spiel langweilig ist, sagte im Vorfeld Game Director Hideaki Itsuno. Deshalb habe man eine Welt kreiert, die so spannend ist, dass man sie gerne bereist. Große Worte, an denen sich das Spiel jetzt messen lassen muss und die Itsuno meiner Meinung nach auf die Füße fallen. Denn so spannend ist die Welt nicht. 

Sie ist ganz schön und es gibt viel zu entdecken, allein die Kämpfe werden aber viel zu schnell lästig. Keine zwei Minuten kann ich mich frei bewegen, ohne auf eine Gruppe Goblins, ein Rudel Wölfe, ein Nest Harpyien oder einen herumlungernden Zyklopen zu stoßen. Natürlich soll es auch Kämpfe im freien Feld geben, aber andauernd und ohne, dass sie Teil einer Quest sind und obendrein

früh im Spiel schon repetitiv wirken

, macht mich irgendwann kampfesmüde. 


Ich gehe sogar soweit, zu sagen: Was uns als größtes Alleinstellungsmerkmal des Spiels verkauft wird ist meines Erachtens seine größte Schwäche. Die Welt ist nicht einfach nicht interessant, das Reisen dauert viel zu lange und die Kämpfe sind lästig. Was zuvor in Trailern und Videos geil aussah, spielt sich in großen Teilen auch gut. Die Scharmützel sind wuchtig und mitunter kreativ, wenn ein Vasall am Rücken des Ogers entlang krabbelt und auf ihn einsticht oder ein Erzmagier sich in die Lüfte erhebt und ein Blitzgewitter hervorruft. Wenn man aber quasi im Minutentakt in Kämpfe verwickelt wird, nutzt sich das schnell ab. Wenn ich in einem kräftezehrenden Kampf zehn Gegner niedergemetzelt habt, entfacht das überhaupt keine Euphorie, weil ich weiß, dass hinter der nächsten Ecke gleich wieder eine Truppe lauert. Und dann wieder und wieder und wieder; Kämpfe verkommen hier zur Sisyphos-Arbeit.

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=92817,id=92658923)]
Hier sieht es nicht gut für den Erweckten aus. Solche Szenen in Kämpfen gegen überlebensgroße Monster sind durchaus beeindruckend. © 4P/Screenshot

Wer Lust hat, eine Stunde zu seinem nächsten Questziel zu laufen und dabei zehnmal oder öfter von ewig den gleichen Gegnertypen wie Echsenmenschen oder Goblinmeuten angegriffen zu werden – bitteschön. Wenn Capcom glaubt, die Welt wird deshalb spannender, weil man fortwährend in Kämpfe verwickelt wird, dann halte ich das aber für faules Gamedesign und unnötig in die Länge gezogene Spielzeit. Die Entwickler wollten eine interessante Spielwelt schaffen, in der man sich gerne aufhält, aber warum sollte ich gerne eine Welt bereisen wollen, in der mich alles andauernd umbringen will? 

 

Und wenn es dann mal in einen großen Kampf geht, ist mein Mitwirken fast obsolet. Wenn beispielsweise ein Drache eine Ortschaft angreift, stürzen sich nicht nur meine Vasallen auf das Untier, sondern auch zahlreiche Ritter oder fahrende Krieger. Dabei machen gerade die Kämpfe mit den größeren Monstern Spaß. Ich kann mich an diesen zum Beispiel festkrallen und sie mit Schwerthieben und -stichen traktieren. Außerdem stehen mir Sonderangriffe, die ich zuvor in einem Fertigkeitenmenü freischalte, wie Schildschläge oder Sprungattacken zur Verfügung. Ich kann mich aber theoretisch auch einfach hinter eine Mauer ducken und warten, bis die anderen die Drecksarbeit erledigen. Der Dank der Bevölkerung und der Armee ist mir im Anschluss trotzdem gewiss. Ich bin schließlich der fucking Erweckte.