Am unterhaltsamsten ist, trotz seines geringen Wortschatzes, ein anderer Insasse: der getreue Wächter des Aufenthaltsraum-Königs. Er artikuliert sich schlicht und einfach durch das unterschiedlich betonte Wiederholen seines eigenen Namens: Droggelbecher! Ich könnt noch seitenweise über die genial-verrückten Figuren und ihre Geschichten schreiben, doch am besten lernt ihr sie selbst persönlich kennen.
Sogar der überarbeitete Schöpfer des Spiels taucht höchstpersönlich auf, und zwar in der trauten Runde einer Therapiegruppe für Spielentwickler, die ihre Sitzung rein zufällig in Ednas Anstalt abhält. „30.000 Zeilen allein im ersten Akt – was habe ich mir nur dabei gedacht?“ erzählt eine vor Verzweiflung zitternde Stimme, während die Stirn des dazugehörigen Alter Egos von Jan Müller-Michaelis auf den Holztisch knallt.
Die Hand der genervten, Verständnis heuchelnden Therapeutin bewegt sich bei ihren Kommentaren skurril im Kreis. Jede der trashig gezeichneten Figuren hat sie – diese drei Animationsphasen, in denen sich ihr Mund, das komplette Gesicht oder eben irgendetwas anderes bewegt. Und obwohl es nur drei Variationen eines einzigen Bildes sind, wirkt jede davon angemessen albern. Als alter Hase fühlt man sich sofort an Klassiker wie Monkey Island und Maniac Mansion erinnert, die ganz unverhohlen als Vorbild dienten. Auf der Verpackung prangt sogar ein durchgestrichenes „Von den Machern“ und darunter der Schriftzug „von den Leuten, die Monkey Island gut finden!“.
Ich höre Stimmen…
In einen regelrechten inneren Zwiespalt gerate ich allerdings regelmäßig, wenn die Vertonung der Dia- bzw. Monologe erklingt. Wenn ich Ednas übernächtigter Psychopathenblick und ihre nicht selten zynischen, ausgeschriebenen Kommentare erblicke, höre ich in meiner Phantasie eine ganz andere Stimme als die von Alianne Diehl. Die macht ihren Job zwar nicht wirklich schlecht, klingt für meinen Geschmack aber viel zu brav – beim Hasen Harvey ist es ähnlich. Andere Charaktere wie der Kontrolleur wirken dank ihres Dialekts mit Sprachausgabe besser – zum Glück lässt sie sich jederzeit an- und abschalten.
In den Rückblenden schlüpft ihr in die die Rolle von Ednas Stoffhasen Harvey. Er kann keine Gegenstände bunkern, aber z.B. durch kleine Kellerfenster schlüpfen. |
Einen Vorwurf machen kann man den Entwicklern nicht. Bei dem rekorverdächtigen Berg an Dialogen hätte es wahrscheinlich ein Vermögen gekostet, alles professionell zu vertonen. Ab und zu treten übrigens ein paar technische Unzulänglichkeiten auf. Nach dem Laden und Speichern konnte ich den Mauszeiger eine ganze Weile lang nicht mehr bewegen. Außerdem läuft Edna danach an die Stelle, die ihr im Menü kurz zuvor angeklickt habt. Relativ selten verabschiedet sich das Spiel auch komplett mit einem Absturz. Doch zum Glück können all diese Nicklichkeiten den Spielspaß nicht wirklich trüben.
Im Verlauf des Abenteuers trefft ihr auf einige mysteriöse Figuren: Kann euch der düstere Schlüsselmeister, der wie Hannibal Lecter hinter Sicherheitsglas lauert, wirklich zur Freiheit verhelfen und in welchem Zusammenhang steht Ednas Aufenthalt in der Klappse mit dem bösen Anstaltsleiter Dr. Marcel und ihrem Vater? Um Licht ins Dunkel ihrer Amnesie zu bringen, unternimmt Edna an bestimmten Stellen des Abenteuers eine Gedankenreise in ihre Kindheit, im Fachjargon des Spiels „Tempomorphen“ genannt. In diesen Szenen schlüpft ihr abwechselnd in die Rollen der jungen Edna und ihrem Hasen Harvey. Das flauschige Nagetier kann Objekte aus seiner Umgebung allein nicht an sich nehmen oder benutzen, sondern lediglich in eine Themenleiste am unteren Rand ziehen. Danach spricht er Edna auf eines dieser Objekte an. In einem der Flashbacks sperrt der Lehrer Edna in den Schrank, weil sich die Petze neben ihr wiederholt mit streberhaftem Schnippsen über ihre störenden Selbstgespräche beschwert hat. Harvey kommt selbst nicht an ein Dokument im Schrank heran, kann seiner eingesperrten Freundin aber vorschlagen, dieses zu lesen. Da es in dem Kabuff viel zu dunkel ist, schlüpft ihr in ihre Rolle und reicht Harvey das Schriftstück durch ein kleines Loch nach draußen. Habt ihr eine Hand voll Rätsel in einer Flashback-Episode gelöst, kehrt ihr mit einer neu erlernten Fähigkeit zurück – z.B. die, Schrauben mit einem nicht besonders appetitlichen Trick zu lösen.
manche Dinge sind so offensichtlich, das sich selbst Captain Obvious nicht damit rumschlägt
ne ipad-version wäre n knaller
ps: bin ich der erste, der die anspielung des titelnamen in zusammenhang mit dem ätna [bricht aus] bringt?
Finde hier an der Stelle 88 % auch eher unangemessen (vgl. auch ausländische Tests)
Hier mal meine Plus- und Minuspunkte:
[+]
- z.T. recht witzige Dialoge
- Viel Liebe zum Detail
- Rätsel meist durchweg logisch
- Solide Spieldauer
- Viele, verschiedene Personen anzutreffen
- Grafikstil erinnert an alte Zeiten
- Keine 08/15-Story
- Telemorphen
- Edna-/Harvey-Interaktionen
[-]
- Endlange Warte-, Lade- und Speicherzeiten
- z.T. aber auch zu harte/nervige Rätsel (nach meinem Empfinden)
- unnötig lange Laufwege, die schnell auf die Motivation drücken
- Eigenwillige Storywendung nach Ednas Flucht, die zur ersten Hälfte nicht passt
- Stark schwankende Sprachqualität (schlechte Sprecher, leise Stimmen...)
Das waren mir die wichtigsten Punkte.