Der Fokus des Teams von Scraping Bottom Games lag eindeutig auf der Art und Weise, wie der Kampf gestaltet und visualisiert wird. Und der hat es in der Tat in sich. Man ist zweifelsfrei kein Zauberlehrling mehr, sondern lässt Tod und Zerstörung regnen. Wahlweise legt man sich am Anfang auf Feuer-, Eis- oder Blitzmagie fest – man kann keine Waffen nutzen. Ähnlich wie bei Lichdom: Battlemage kann man sein Zauberrepertoire aber später nicht nur aufstocken und z.B. auch Blitzvarianten oder Spruchrollen mit Abkühlzeit hinzufügen, falls man sich bei der überschaubaren Charakterpersonalisierung zu Beginn auf Frost festlegt hat. Zusätzlich darf man alle ausgerüsteten Magieangriffe noch mit maximal drei Modifikatoren versehen. Von diesen gibt es eine enorme Auswahl, die man allerdings erst finden bzw. bei den spärlich vorhandenen Händlern käuflich erwerben und ausrüsten muss. Reicht der Standardzauber, kann man diesen mit der linken Maustaste abfeuern. Hat man allerdings Bereichsschaden oder eine höhere Geschwindigkeit als veränderbares Element ausgerüstet, muss man all dies mit der rechten Maustaste aktivieren. Die Crux: Sobald man den Zauber spricht (also die Taste drückt), wird das sich relativ schnell wieder aufladende Mana verbraucht. Ist die Leiste leer, bevor man gezielt, modifiziert und abgefeuert hat, wird die nötige Energie aus der Lebensleiste gezogen – autsch!
Da Gesundheit in erster Linie über die nicht transportierbaren, sondern nur akut zu entleerenden sowie vergleichsweise geringe Wirkung zeigenden Phiolen aufgefüllt wird, die man ab und an finden kann, muss man immer taktisch kalkulieren, ob man jetzt wirklich noch eine halbe Sekunde länger wartet oder doch ohne genau gezielt zu haben abfeuert. Man hat aber die klassisch in verschiedene Seltenheitsstufen eingeteilte Ausrüstung zur Verfügung, um seine Gesundheitswerte zu steigern. Von der Option, die Lebensenergie bei den wenigen Händlern auffüllen zu lassen, kann ich nur abraten. Sie verlangen Unsummen, die besser in Zauber oder deren Erweiterungen investiert werden können. Zusätzlich kann man sich auf der Karte für eine „Rast“ entscheiden, die aber der unaufhörlich hinter einem über die Gebiete rollenden Inquisitions-Welle die Chance gibt, aufzuschließen. Da die Gegnergruppen munter zusammengewürfelt werden und nicht nur Standard-Infanterie, sondern auch mit Schilden bewaffnete Feinde, Bogenschützen oder Magier bieten, ist man trotz der angesprochenen schwachen KI stets gefordert. Schade ist allerdings, dass der Kampf in diesem Action-Rollenspiel komplett auf die Offensive ausgerichtet ist. Defensive Bewegungsoptionen sucht man abseits des dafür kaum brauchbaren und eigentlich für schnelle Fortbewegung vorgesehehen Warpsprungs vergebens, so dass man sein Heil entweder in der Flucht oder aber noch mehr im effektiven Zaubern suchen sollte.
Das Rad der Zeit
Schaltet man in die Ego-Sicht, könnte Fictorum auch eine moderne Variante des Spiele- sowie Fantasyroman-Klassikers The Wheel of Time darstellen. In dieser Hinsicht ist es zwar wohl eher Zufall und Notwendigkeit, dass die Zauber damals wie heute von der Unreal Engine angefeuert werden – hier natürlich in ihrer neuesten Variante. Allerdings hat Scraping Bottom den Grafikmotor nicht immer im Griff. Die Zaubereffekte sehen gut aus und nach den häufig längeren Ladezeiten bekommt man stimmungsvolle Landschaften zu Gesicht. Während die Animationen der Hauptfigur zu weiten Teilen überzeugen, kann man das von denen der Gegner nicht immer behaupten. Zudem zeigen sich in der Version 1.0.5. einige visuelle Bugs und Mankos wie Texturflackern, spät eingeblendete Detailanstriche oder fiese Clippings, die ab und an von Bildratenproblemen begleitet werden. Die zwar häufig imposante, dann aber auch mitunter unrealistische Zerstörung von Objekten, Gebäuden, Bäumen etc. wurde bereits angesprochen, ist aber sinnbildlich für die Gratwanderung, die Fictorum in nahezu jedem Bereich zu bewältigen versucht.