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Halo 5: Guardians (Shooter) – Locke jagt den Chief

343 Industries will das Vertrauen der Halo-Fans zurückgewinnen: Nach der vor Fehlern strotzenden Master Chief Collection soll Teil 5 die Wogen glätten und der Serie einen gebührenden Einstand auf der Xbox One bereiten. Diesmal erlebt man die Jagd auf den Master Chief gleich aus zwei Perspektiven und ist stets im Team unterwegs. Im ersten Teil unseres Tests überprüfen wir, ob sich der Ausflug für Einzelspieler lohnt, bevor wir im zweiten Teil die Online-Qualitäten ins Visier nehmen.

© 343 Industries / Microsoft

Animations-Problemchen

Weniger schön wirken die Gegner-Animationen, die in der Entfernung nur mit 30 Bildern abgespielt werden, was oft ein wenig abgehackt aussieht. Auch in 60 Frames bewegen sich meine Partner neben mir etwas steif: Ihre ruckartigen Kopfbewegungen erinnern ein wenig an Hühner. Die Übergänge zwischen den Animationsphasen wirken ebenfalls manchmal abrupt. Weitere Schwachpunkte sind die aus der Nähe oft unscharfen Texturen und die in der Entfernung nachladenden Detailstufen. Ein Hingucker sind dagegen alle hübsch modellierten Metalloberflächen – und auch die fein ausgearbeiteten Gesichter der Protagonisten wirke durchaus zeitgemäß. Sehr stark präsentiert sich der Soundtrack von Kazuma Jinnouchi, der mit seinem ungewöhnlichen Mix aus pompösen Orchester-Instrumenten, leichten Electro-Klängen und Gitarren-Einlagen die mystische Halo-Stimmung gut einfängt. Immer wenn ich mit Aufnahmen fürs Videofazit fertig war, musste ich die Musik sofort wieder aufdrehen, weil die Kämpfe dann um einiges mehr Spaß machten.

 

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Der Riese erwacht. © 4P/Screenshot

Der komplette Score lässt sich übrigens hier auf Soundcloud anhören. Die Surround-Abmischung ist den Entwicklern ebenfalls gelungen: Insbesondere die Explosionen in Zwischensequenzen und die Waffengeräusche machen die Wucht der Schlacht spürbar (von kleinen Totalausfällen wie dem „Piu, piu!“ der Plasmapistole abgesehen).

Mit voller Wucht

Wuchtig ist übrigens auch der Bodenstampfer. In meinen ersten Mehrspielermatches kam er nur selten zum Einsatz, weil menschliche Gegner oft mit dem neuen kurzen Raketen-Schub ausweichen. In der Kampagne kann es aber durchaus nützlich sein, sich auf einer Anhöhe an einen schwach gepanzerten Gegner anzuschleichen und in von oben zu zermalmen. Rund eine Sekunde schwebe ich in der Luft, um das Ziel am Boden anzupeilen, dann folgt die tödliche Überraschung aus der Luft. Deutlich häufiger habe ich die frontale Ramme eingesetzt, die poröse Wände zu kleinen Grotten durchbricht oder im Nahkampf ordentlich Schaden anrichtet. Außerdem besitzen viele Waffen neuerdings die Möglichkeit, wie in anderen modernen Egoshootern per Visier ein wenig heran zu zoomen. Ich bin noch unentschlossen, ob mir diese Neuerung gefällt – manchmal kann ich mich nicht so recht entscheiden, ob ich direkt aus der Hüfte schießen oder erst anlegen soll.

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Schlagende Argumente… © 4P/Screenshot

Ein wenig schade ist, dass es insgesamt an den Halo-typischen Massenschlachten und Panoramen mangelt. Stattdessen bin ich meist auf eher schmalen Korridoren unterwegs, die für die Panzer oder mächtig bewaffneten Mantis-Walker ein wenig zu eng gebaut wurden. Die Geschichte um die beiden Spartan-Teams konnte mich ebenfalls nur bedingt motivieren, zumal die Zwischensequenzen oft etwas zu bemüht auf cool getrimmt sind. Das Schicksal von Cortana und der Hintergrund ihrer geheimnisvollen Botschaft haben in der zweiten Spielhälfte aber wieder mein Interesse geweckt. Die Qualität der deutschen Synchro schwankt: Es gibt namhafte Sprecher, die aber offenbar nicht immer ausführlich genug von der Regie vorbereitet wurden. Immer wieder unterhalten sich die Mitglieder des Teams über die Motivationen des Chiefs, den Zusammenhalt seines eingeschworenen Teams – oder sie reißen in der Action einfach ein paar Witze über die kreischenden Grunts. Ein kleines Highlight in der deutschen Vertonung ist die Blutsväter-Illuminatin  „Exuberant Witness“, die lange in Einsamkeit auf ihrem vor Abwehrmechanismen strotzenden Planeten ausharren musste. Als die Spartans endlich für ein wenig Action sorgen, ist das für sie wie Geburtstag und Weihnachten zusammen: Ihr Gemütszustand schwankt dann ständig zwischen der gebotenen Höflichkeit des Protokolls und der Begeisterung eines überdrehten Teenagers, der seine Idole anfeuert: „Sie schlagen sich wacker, finde ich! Es gibt jetzt weniger von ihnen als vorher, was – nehme ich an – ihre Absicht war!“