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Limbo (Plattformer) – Limbo

Letztes Jahr habe ich ein außergewöhnliches Spiel für Xbox 360 verpasst: Limbo. Es kam genau in der Zeit heraus, als ich im Sommerurlaub gen Norden unterwegs war. Nach all den hervorragenden Kritiken hatte ich mir fest vorgenommen, das schwarzweiße Hüpfabenteuer irgendwann nachzuholen. Aber erst kam die gamescom, dann all die neuen Spiele und Limbo war vergessen. Bis es mich im PlayStation Network angrinste.

© Playdead / Double Eleven (Vita) / Playdead

Im Bann der Spinne

[GUI_PLAYER(ID=55503,width=350,text=Limbo ist seit ein paar Tagen auch im PSN erhältlich.,align=right)]Eine behaarte Klaue zuckt im Schatten. Muss ich da wirklich näher ran? Ich lass den Analogstick los und der kleine Junge wartet in sicherem Abstand. Seine Augen funkeln wie verlorene Sterne in einem stockfinsteren Wald, der wie ein schwarzweißer Scherenschnitt von Edgar Allan Poe anmutet – bedrohlich, tückisch, lebensfeindlich. Manchmal zieht sich die Kulisse im Hintergrund wie ein Unwetter zusammen, das an böse Träume erinnert. Manchmal findet man Leichen, die an Bäumen hängen oder im Wasser schwimmen. Manchmal rollen Köpfe, wenn Fallen zuschnappen. Wo ist man bloß gelandet?

Die Neugier und ein Gefühl der Bedrohung bestimmen das Spielgefühl. Es gibt zunächst keine erkennbare Story und keinen Ausweg, nur eine Aussichtslosigkeit, die an die bedrückende Stimmung erinnert, die beim Lesen von „Die Straße“ entsteht – idyllische Momente sind selten. Man beginnt das Spiel ohne Tutorial, ohne Intro, ohne viel Tamtam auf der Flucht nach vorne. Es geht einfach immer weiter, immer von links nach rechts – also muss ich auch an dieser riesigen Spinne vorbei, die hinter einem Baum lauert. Dabei kann ich nicht viel: Auf Knopfdruck springen, Gegenstände ziehen oder Schalter umlegen. Ich habe keine Waffe, kann nicht einmal zuschlagen oder akrobatisch dazulernen.  

Wie soll ich das Monster besiegen?


Kein knuffiges Kinderspiel: Der Tod ist ein Leitmotiv des Spiels.

Kein knuffiges Kinderspiel: Der Tod ist ein Leitmotiv des Spiels.

Wenn ich näher rangehe, hebt die Spinne ihr Bein mit der messerscharfen Spitze etwas an. Und wenn ich noch näher heran gehe, quasi genau unter diese behaarte Guillotine, holt sie zu einem mächtigen Schlag aus, der den Boden erzittern lässt. Nur weil ich mich schnell zurückziehe, werde ich nicht sofort getötet. Was soll ich hier bloß machen? Womit soll ich das unheimliche Vieh besiegen? Ich habe doch nichts! Oder soll ich es weglocken? Resigniert gehe ich ein paar Schritte zurück und entdecke zwischen all den Schatten plötzlich etwas, das auf einem Ast baumelt.

Limbo ist trotz einiger akrobatischer Passagen kein Jump’n Run, das die schnellen Reflexe in den Vordergrund stellt. Natürlich ist auch mal gutes Timing in den drei thematischen Abschnitten Wald, Stadt und Fabrik gefragt: Manchmal muss ich über Abgründe springen, schnell Seile hoch hangeln oder punktgenau hinter einer tödlichen Falle landen – leider gleichen sich diese Elemente auf Dauer zu sehr. Aber der Spielrhythmus wird eher von angenehmen Sackgassen und ebenso kreativen wie knackigen Rätseln bestimmt, die das genaue Beobachten in den Vordergrund stellen. Und es ist überraschend, wie viel sich hinter dieser einfachen Kulisse verbirgt: Wie kriege ich bloß diese Glühwürmer vom Kopf? Und warum kann ich mich nicht mehr klar bewegen?

Reduzierung auf das Wesentliche

Es gibt einige Plattformrätsel, clevere Seilwindenmechanismen und viel akrobatische Knobelei gegen die Zeit oder im Angesicht von Verfolgern. Offene Lösungswege gibt es nicht, sondern Trial&Error alter Schule: Ich muss auf Details wie bewegliche Objekte, versteckte Schalter oder nicht gerade offensichtliche Veränderungen achten, um weiter zu kommen. Sehr schön ist auch, dass die Physik eine Rolle spielt. Nicht nur, dass der Junge an Abhängen einfach mehr Fahrt aufnimmt, auch Magnetismus oder der Verdrängungseffekt des Wassers muss ausgenutzt werden. Denn dieses Element bedeutet schon nach kurzem Tauchen den Tod – der Junge kann zwar bis zu einer gewissen Tiefe hinein gehen, aber nicht schwimmen.

Das ist aber kein Problem, denn es gibt weder ein begrenztes „Leben“ noch irgendwelche Abzüge; es beginnt nicht unweit wieder von vorne. So entsteht ein düsterer Spielfluss ohne Brüche: Es gibt keine klassischen Kapitel mit kämpferischen Höhepunkten am Ende, es gibt weder Fähigkeiten noch ein Inventar.  Das Problem ist eher, dass Limbo zu Beginn wesentlich stärker wirkt und mehr verspricht, als es im letzten Drittel der knapp drei bis vier Stunden Spielzeit halten kann, in dem einiges wiederholt wird. Aber nichtsdestotrotz will man das Schicksal des Jungen bis zum Schluss mit bestimmen.

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