Wilder Mix
Wenn Oculus uns schon für einen Prestige-Shooter in VR beauftragt, dann aber auch mit allem Drum und Dran – so lautete offenbar das Mantra im Team um Game-Director Peter Hirschmann, der übrigens schon am ersten Teil und Allied Assault beteiligt war. In Medal of Honor – Above and Beyond dreht sich alles um die Abwechslung, um möglichst viele hässliche und beschauliche Facetten des Zweiten Weltkriegs zu thematisieren. Im Kern bekommt man hier einen arcadelastigen linearen Shooter mit freier Stick-Bewegung, bei dem sich schmale Korridore mit weitläufigeren Plätzen abwechseln. Auf der Tour quer durchs besetzte Europa wird der Spieler von Schleich-Passagen bis hin zu Tauchgängen mit Bewegungssteuerung in derart viele unterschiedliche Notlagen versetzt, wie man es unterm VR-Headset bisher noch nicht erlebt hat – nicht einmal in Blood & Truth oder Defector mit seinen wilden Stunts! In einem Moment bezieht man noch Position auf dem Dach, um als Scharfschütze oder mit dem wuchtigen Automatikgewehr M1918A2 bei der Befreiung einer französischen Kleinstadt zu helfen – anderswo bedient man die Geschütze eines Panzers, der über hügelige Felder brettert.
Diese Railshooter-Passagen und Momente an eng begrenzten Orten erweisen sich meist als lustige Abwechslung. Freunde realistischer Kriegsspiele werden bei den übertrieben waghalsigen Attacken vermutlich eher den Kopf schütteln. Auch sie dürften der Arcade-Action aber immerhin zugestehen, dass das Kriegsgerät und die sich idyllisch wiegende Vegetation rundherum unterm Headset richtig gut zur Geltung kommen.
In Deckung! Mit dem eigenen Körper!
Ob man sich bei der Flucht durch den Graben persönlich unter Panzerketten wegduckt oder eine Brandbombe an einer gigantischen Eisenbahnkanone platziert, um es danach mit Panzerfaust und Geschützen gegen anrückende Verstärkung zu verteidigen: In dieser Kulisse wird immer wieder die Liebe zum Detail deutlich, die sich in flachen Videos leider nicht wirklich vermitteln lässt. „Nicht nach unten gucken!“ – wer diesem Rat beim eigenhändigen Klettern einer zerfledderten Brücke missachtet, kann schon mal weiche Knie bekommen. Oder sich über den idyllischen Ausblick auf die Gebirgskette freuen.
Sobald man sich in einer Hütte nah vor Tassen und andere Objekte stellt, wird allerdings deutlich, dass der Detailreichtum hier nicht mit Half-Life: Alyx mithalten kann. Stattdessen haben sich die Entwickler für einen etwas matteren Grafikstil mit weniger Reflexionen entschieden, der ein wenig an Graphic-Novels erinnert. So wirken auch die Nazis und Mitstreiter der Widerstandsgruppe leicht überzeichnet. In Zwischensequenzen passt das ins Bild, doch sobald sich die Figuren in Bewegung setzen, wird die Immersion immer wieder durch abgehackte Animationen durchbrochen. Da können die Bunkeranlagen am Omaha Beach noch so authentisch nachempfunden sein: Sobald sich ein Gegner stocksteif um die eigene Achse dreht oder ruckartig losläuft, werden immer wieder Erinnerungen an Shooter der „Nullerjahre“ wach. Sobald man sich wieder in einer von Schauspielern aufgenommenen Szene befindet, wird es deutlich besser. Die sympathisch verkörperten Agenten beim Geheimdienst OSS (also dem Vorläufer der CIA) und ihre exzentrischen Partner beim Widerstand wachsen einem hier schnell ans Herz, sofern man sich nicht an der englischen Vertonung mit deutschen Untertiteln (und deutschen Dialogen der Nazis) stört.
Sympathisches Grüppchen
So zum Beispiel der grummlige Sarge, der versucht, familiäre Verluste zu verdrängen und in Norwegen fröstelnd Oneliner abfeuert. Oder auch der eigentlich gutherzige Ollie, der mit jugendlicher Ungeduld auf Rache sinnt. Und natürlich Spionin Juliette, die Schwester der Widerstandszellen-Anführerin Manon aus Medal of Honor: Underground. Die Geschichte um Juliettes persönliche Entwicklung wirkt zwar nicht so tiefgründig wie von Hirschmann angepriesen. Zwischen der Action ist man aber immer wieder froh, jemanden aus dem bunt zusammengewürfelten Haufen zu sehen, während man als frisch rekrutierter Agent an viele wichtige Schauplätze des Zweiten Weltkriegs geschickt wird, um z.B. zusammen mit der französischen Résistance Sabotageakte durchzuführen.
Weniger Spaß macht es, an der Seite der Partner zu kämpfen, da sie unter ähnlich starken KI-Macken leiden wie die Deutschen. Manchmal ballern sie munter in die Deckung, anderswo bleiben sie plötzlich wie eingefroren stehen und bewegen sich gar nicht mehr. Im ausgelagerten Arcade-Modus mit Gegnerwellen ist mir sogar ein Soldat in Totenstarre begegnet, der nicht mal mehr ein Gewehr in der Hand hielt. Auch davon abgesehen ist der Horde-Modus ohne Online-Bestenlisten übrigens weit von der Dynamik in Halo-Titeln entfernt, weil die Wellen hier einfach nicht abwechslungsreich genug attackieren.
Wieder mal (leider) ein Shooter, der nicht versteht, dass die meisten Gamer Shooter nicht spielen, um eine unnütze Zwischensequenz nach der nächsten zu sehen, sondern salopp gesagt, um zu ballern.
War schon bei Wolfenstein: The New Colossus unerträglich und ist hier nochmal schlimmer.
Da hätte ich es für angebracht gefunden zu sagen: "Jo, das Game ist von der Story her mega... aber wir empfehlen, mit dem Kauf bis Februar zu warten, da dem Spiel noch der nötige Feinschliff fehlt.", oder sowas in der Richtung.
Deswegen ist 4 Players mein Lieblingsmagazin.
Faire und kritische Bewertungen und kein gehype wo keiner hingehört.
Habe das Spiel nun ein paar Stunden gespielt. Mir macht es als VR-Anfänger sehr viel Spaß. Ich habe auch HL:A gespielt. Wer einen actionreichen Shooter im WW2 spielen will, kommt hier auf jedenfall auf seine Kosten. Liegt bei mir vielleicht auch daran das die die Ersten Teile schon gespielt habe. Ich spiele das Spiel mit einer Oculus Rift S auf einem AMD FX-8350 und einer AMD Radeon R9 390 8GB und 16GB RAM ohne Probleme.
Negative Steamreviews überschlagen sich regelrecht. Da ist das Spiel hier echt gut davon gekommen.
Struggle, eigentlich habe ich total Bock drauf.