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Reservoir Dogs: Bloody Days (Arcade-Action) – Misslungene Hommage an einen Kultfilm

Für viele ist Quentin Tarantino einer der besten Regisseure und Drehbuch-Autoren. Sein Regie-Einstand Reservoir Dogs feiert gerade das 25-jährige Jubiläum. Obwohl es bereits vor etwa zehn Jahren ein (nicht gerade berauschendes) Spiel zu dem gewalthaltigen Kammerspiel gab, versucht Big Star Games erneut, dem Kultfilm gerecht zu werden. Warum
Bloody Days als taktisch angehauchter Dualstickshooter nicht überzeugt,
verraten wir im Test.

© Big Star / Big Star Games

In der Praxis hingegen geht dieses Konzept nur eingeschränkt auf. Denn solange man mit dem Anführer unterwegs ist, gibt es kein KI-Verhalten, das sich z.B. eigenständig dem Sperrfeuer der Polizei widersetzen würde, bis man die Zeit zurückdreht und selbst übernimmt. Dementsprechend werden die taktisch geplanten Figurenwechsel irgendwann zu einer hektischen und stressigen Arbeit. Umso mehr, wenn die Startpositionen der Figuren vergleichsweise weit voneinander entfernt sind und man nur minimal Zeit hat, um sich zu orientieren. Aber natürlich gibt es auch Situationen, in denen die Zeitlupen-Mechanik so funktioniert wie vorgesehen. Und das Blutbad, das man mit mehreren Figuren anrichten kann, ist wiederum eines Filmes des Regiemeisters würdig. Doch unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass Hotline Miami und selbst LA Cops als ähnlich gelagerte Titel mehr Tarantino-Flair verströmen als Bloody Days.

Knallbunter Comic statt düstere Gewaltexplosion

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Die Dogs gehen über Leichen… © 4P/Screenshot

Denn auch das Artdesign kann ich einfach nicht mit Reservoir Dogs in Verbindung bringen. Comic-Figuren, die ihren Filmkollegen nur mit sehr viel Fantasie und gutem Zureden ähneln, sowie die knallbunten Kulissen wirken eher wie ein Team Fortress 2 oder Overwatch in Vogelperspektive. Aber in keinem Fall wie ein Spiel zu einem  Film mit düsterer Grundstimmung. Vielleicht wäre Big Star Games besser beraten gewesen, das Knallbunte durch schwarzweiße Elemente auszutauschen, so dass es eher an Sin City denn an Disney World erinnert. In dem Fall hätten auch die zinnoberroten Elemente als Stilmittel klarer hervorgehoben werden können. Doch dann bleibt immer noch das Problem, das man abseits von minimalen Textdialogen keinerlei Bezugspunkte zu den Figuren feststellen kann. Ob Mr. Pink jetzt wirklich kein Trinkgeld gibt oder sich Mr. White als besonnen herausstellt, während Mr. Brown oder Mr. Blonde eher als Heißsporn agieren: Es ist mir egal. Leider. Und dementsprechend ist es mir auch abseits des Anforderungsprofils (ich verliere ungern) gleichgültig, ob der eine oder andere das Zeitliche segnet und ich am letzten der fair gesetzten Kontrollpunkte noch einmal starten muss.

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Abseits der Namen haben die Figuren keine Bezüge zu ihren Filmvorbildern. © 4P/Screenshot

Es verwundert auch nicht, dass die Musik ebenfalls nicht den zielsicher die Atmosphäre unterstützenden Faktor besitzt, der Tarantino-Filme auszeichnet. Sie versucht mit ihren Instrumental-Kompositionen zwar den 60er-/70er-Jahre-Geist wachzurufen, der den Original Soundtrack zu Reservoir Dogs auszeichnet. Doch scheitert man damit beinahe ebenso glorreich wie mit dem Versuch, einem Meisterwerk des modernen Erzählkinos zum 25-jährigen Jubiläum ein spielerisches Denkmal zu setzen. Auch, weil Bloody Days technisch in manchen Abschnitten massive Probleme hat, eine stabile Bildrate zu präsentieren.