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Super Seducer (Simulation) – Ein Spiel für Frauen?

Simulatoren haben in der Regel einen langweiligen Ruf: Egal ob Bus, Feuerwehr oder Landwirtschaft – meist geht es darum, einem Fahrzeug dabei zuzusehen wie es von A nach B fährt. Mit seinem Verführungssimulator Super Seducer bringt Richard La Ruina scheinbar etwas zu viel Brisanz ins brave Genre. So verweigerte Sony die Veröffentlichung des Spiels im PlayStation Store (wir berichteten) und einige Magazine befürchteten, dass das Spiel Stalken normalisiere oder sexuelle Belästigung zur Spielmechanik mache. Ich haben mich in die virtuelle Flirt-Beratung gestürzt. Was ich als Frau dabei lernen konnte, erfahrt ihr im Test.

© RLR Training / RLR Training / Red Dahlia Interactive

Spielerisch mau

 

So spannend es anfangs war, sich in den verschiedenen Situationen wie einem Clubbesuch oder dem ersten Date im Café möglichst gut zu verkaufen, hat Super Seducer spielerisch kaum was zu bieten. Die Videoqualität reicht gerade aus, um zu vermitteln, in welcher Datingsituation man sich gerade befindet. Doch die teils fehlenden schauspielerischen Fähigkeiten sind meist steif bis peinlich und die simple Inszenierung als auch die generischen Themen führen irgendwann unweigerlich zu Langeweile. 

Neben dem „Geschichtsmodus“ gibt es nur noch eine Übersicht, welche Entscheidungen getroffen wurden und welche empfohlen werden. Vor allem das Wertungssystem am Ende geht nicht auf die tatsächlichen Antworten des Spielers ein, sondern präsentiert stets eine Übersicht der richtigen Antworten. Hier wäre es cool gewesen, wenn Spieler die vulgäre Optionen wählen, bestraft werden, oder einen „Game Over“- Bildschirm sehen. 

Ich hatte schnell das Gefühl, dass Ruina nicht wirklich daran interessiert war ein Spiel zu entwickeln, sondern seine Palette an Tipps zu verbreiten. So hätte das Ganze auch als Slideshow auf einem Seminar oder als Test zum Ankreuzen in einem seiner Bücher vorkommen können.

 

 

Ein spannender Rollenwechsel?

 

Viel zu oft haben Simulatoren den Anspruch die Realität abzubilden. Für mich als Frau war Super Seducer ein spannender Rollenwechsel, denn ich wurde daran erinnert, wie schwer es manchen Männern fällt, in sozialen Situationen zu bestehen. Viel zu oft habe ich mich einfach über Männer lustig gemacht, die im Club oder im Café recht stümperhaft versuchten ein Gespräch mit mir anzufangen. Und auch wenn es Studien gibt, die darlegen, dass immer mehr Frauen den ersten Schritt beim Kennenlernen machen, ist in vielen Köpfen immer noch der Gedanke verankert, dass der Mann den ersten Schritt machen sollte. Ich könnte mir vorstellen, dass Super Seducer vielen Frauen, die sich lieber ansprechen lassen, zumindest einen anderen Blick auf die Datingwelt geben könnte. Mir wurde nach dem Spielen nochmals bewusst wie viele überflüssige Sorgen sich manche Menschen machen. Wenn ich in letzter Zeit ein Kompliment über mein Aussehen bekommen habe, waren einige

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Die vielen Alltagssituationen und Antwortmöglichkeiten ließen mich immer wieder in die Rolle des Mannes beim Dating schlüpfen, was spannende Fragen aufwarf. © 4P/Screenshot

Männer dabei, die sich im Vorfeld dafür entschuldigten, falls das zu anmaßend sei – Dating als potenzielles Minenfeld. In diesem interessanten Podcast berichtet eine der Schauspielerinnen, Shanna Vincent, übrigens von ihren Eindrücken zu Super Seducer.

 

Gerade die Szene der Pick-Up-Artists ist oft wegen ihrer herablassenden Praktiken im Gespräch. So fordern manche dieser Gurus dazu auf, Frauen als reines Jagdobjekt zu sehen und es werden Listen geführt, wer die meisten Frauen abgeschleppt hat. Das Prinzip des „neggings“ soll Frauen beispielsweise mit Beleidigungen schwächen und auch die Anwendung von milder Gewalt wird von manchen akzeptiert. Diese Szene ist verwerflich und abstoßend und ich empfinde es als wichtiges Zeichen, dass keine dieser Methoden in Super Seducer verwendet wurde. Ich konnte La Ruina nur anhand seines Spiels beurteilen, mit dem ich mich intensiv beschäftigt habe. Und das wirkt wie ein harmloser Leitfaden für Männer, die ganz gesittet vielleicht auch mal wieder eine Verabredung wollen. Bleibt zu hoffen, dass dieses Ziel weiterhin der einzige Fokus in der oft widerlichen Szene der Pick-Up-Artists bleibt. Ruina plant übrigens auch einen Verführungssimulator für Frauen und LGBT-Personen, also „Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender“.