Veröffentlicht inTests

The Forgotten City (Adventure) – Das ewige Städtchen

The Forgotten City ist ein Kleinod. Ein toll geschriebenes, kluges Spiel voller Überraschungen, das sich seine vielen guten Kritiken redlich verdient hat. Wohl auch deshalb wurde es zum Wunschtest-Sieger im August. In unserem Test lest ihr, was euch erwartet und in welchen Punkten der Titel brilliert – natürlich mit einem besonderen Auge darauf, euch nur das Nötigste zu verraten.

© Modern Storyteller / Dear Villagers

Reale Vorlage

 

Tatsächlich fußt diese Idee auf einer römischen Sanktionierungspraxis, der Dezimierung. Im Falle schwerwiegender gemeinschaftlicher Vergehen wie z.B. Aufstand oder Meuterei konnten römische Legionäre damit bestraft werden. Die Dezimierung war eine Kollektivstrafe, bei der jeder Zehnte (lateinisch decem = zehn) exekutiert wurde; wer, das wurde per Los bestimmt. Damit erfuhren nicht nur Rädelsführer oder solche, die aktiv Verbrechen begangen hatten, eine Bestrafung, sondern die Gesamtheit der Soldaten. Die psychologische Wirkung ist klar: Wer damit rechnen muss, aufgrund der Verfehlungen anderer hingerichtet zu werden, der passt schon im Vorfeld besonders gut auf, dass die Kollegen keinen Scheiß bauen. Im Spiel wird das Prinzip auf die Spitze getrieben: Eine sündhafte Handlung eines Individuums zieht den Tod einer kompletten Gruppe nach sich!

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=91837,id=92650532)]
Kleine Geschichtsstunde: Die Fischsauce Garum war ein beliebtes Würzmittel

 im antiken Weltreich.

© 4P/Screenshot

Im Fall von The Forgotten City heißt „komplette Gruppe“ übrigens gut 20 erwachsene Personen, die in der Kleinstadt ihren Belangen nachgehen. Vom Händler bis zum Bodyguard, von der Priesterin bis zur Bäckerin. Alle eint die Angst vor der drohenden göttlichen Strafe, alle haben unterschiedliche Hintergrundgeschichten, die sie euch in ausführlichen Dialogen erzählen. Durch aufmerksames Umherlaufen und Untersuchen, aber vor allem durch diese Gespräche erfahrt ihr Wissenswertes und Überlebenswichtiges. Was gilt eigentlich als Sünde, die das göttliche Gericht provoziert? Mord, klar. Stehlen sicher auch. Aber wie sieht es mit kleinen Betrügereien, Wucherei oder einem Suizid aus? Würde auch die Selbsttötung eines Einzelnen die ganze Gruppe in die Verdammnis reißen?

 

Große und kleine Fragen

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=91837,id=92650536)]
Die Innenräume zählen zu den optischen Highlights von The Forgotten City – schaut euch gut um und lest alle Dokumente. © 4P/Screenshot

Das Spiel setzt sich in vielen, exzellent geschrieben und meist stark vertonten (englischen) Dialogen mit spannenden Fragen auseinander: Wie wirkt das fortschrittliche römische Werte- und Rechtssystem auf eine Person aus unserer Zeit? Wer in der Gruppe profitiert von der goldenen Regel, wer stellt sie vielleicht sogar infrage? Sollte man einen armen Tropf aus dem Kerker lassen, wenn er durch seine Neigung zum Diebstahl das Wohl der Gemeinschaft aufs Spiel setzen könnte? Gleichzeitig gibt es drängende, praktische Probleme: Wie geht man in einer Stadt, die aus nachvollziehbaren Gründen den Waffenbesitz verboten hat, mit einem bewaffneten Eindringling um? Wer sollte die bald anstehende Wahl gewinnen, damit es den Bürgern besser geht? Und wie kommt man als Spieler an das Geld, das der Händler für ein Heilmittel fordert, das eine sterbenskranke Person retten würde? In den zehn bis fünfzehn Stunden, die man zum Beenden von The Forgotten City braucht, passieren so viele interessante, relevante und auch einprägsame Dinge wie in manch 100-stündigem Open-World-Abenteuer nicht.

  1. ICHI- hat geschrieben: 08.10.2021 21:58 Ein kleines Juwel.
    Ja, sehr zu empfehlen. Wusste gar nicht das es ein Mod war.
    Tolles Spiel und vielen Dank für den Nachtest. Danke auch an VaniKa für den Tipp.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1